Juli 2015

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[expand title=“Wolfgang A. Mozart – Die Entführung aus dem Serail Ouvertüre“]

Die Entführung aus dem Serail (KV 384) ist ein Singspiel in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart (*1756 in Salzburg, †1791 in Wien) und wurde am 16. Juli 1782 im Wiener Burgtheater uraufgeführt.
Dem Werk zugrunde liegt das Libretto Belmont und Constanze, oder Die Entführung aus dem Serail von Christoph Friedrich Bretzner mit Musik von Johann André. Zusammen mit Gottlieb Stephanie, einem österreichischen Schauspieler, Dramatiker und Opernlibrettisten, überarbeitete und erweiterte Mozart das Werk. Dies gilt jedoch nicht nur nach heutiger Auffassung als urheberrechtswidrig, da Bretzner stets gegen die „Annektierung“ durch Mozart protestierte und noch 1784 heftig gegen die „dreisten Veränderungen“, die ein „Ungenannter“ mit seinem Text in Wien angestellt habe, wetterte. Jedoch war das im Auftrag von Kaiser Joseph II. komponierte Werk von Anfang an ein großer Erfolg und etablierte den ein Jahr zuvor aus Salzburg zugezogenen Mozart in Wien. Weiterhin gilt die „Entführung“ als erste „echte“ deutsche Oper und wurde zum Vorbild für spätere deutsche Komponisten wie zum Beispiel Carl Maria von Weber.
Die Ouvertüre beginnt mit einem Presto im alla breve-Takt und es erklingt das viertaktige Hauptmotiv in auskomponierter Terrassendynamik, zunächst im Piano, dann im Forte.

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Mozart erweiterte hierbei das Orchester der Wiener Klassik um Instrumente wie Becken, Große Trommel („türkische Trommel“), Piccoloflöte und Triangel, um Anklänge an „türkische Musik“, wie man sie sich im 18. Jahrhundert wohl vorstellte, zu erreichen.

„Die Sinfonie, den Chor im ersten ackt, und den schluß Chor
werde ich mit türckischer Musick machen“
(Brief an den Vater vom 1. August 1781)

Es folgt ein ruhiges Andante im 3/8-Takt, in welchem sich Streicher und Holzbläser die Motive gegenseitig zuspielen, bis zurück im Tempo primo abermals das bekannte Hauptmotiv erklingt. Im weiteren Verlauf zeigt Mozart große Modulierfreudigkeit, bevor die Ouvertüre in einem großen Unisono endet.

Sascha Ludwig 

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[expand title=“Nasser Khorremi Jahromi – Rostam und Sohrab“]

jahromiMit den Auszügen aus der Ballett-Suite „Rostam und Sohrab“ hat die Akademische Orchestervereinigung in diesem Semester eine Uraufführung eines Göttinger Komponisten im Programm: Nasser Khorremi Jahromi (geboren 1958 in Jahrom im Iran). Nach einem Klavierstudium in Teheran zog Jahromi 1985 nach Deutschland und setzte dort seine Studien in den Fächern Klavier und Komposition an der Musikakademie Kassel fort. Seit 1991 unterrichtet er Klavier und Tonsatz in Göttingen und Alfeld (Leine).
Schon während seines Studiums komponierte Jahromi Werke, die unter anderem in Begleitprogrammen zur Documenta Kassel und im Rundfunk gespielt wurden. Im Februar 1999 führte das Göttinger Jugendsinfonie-Orchester Teile der Ballett-Suite „Siawaschs Geschichte“ auf. Diese Geschichte stammt aus dem „Schāhnāme“, dem 60.000 Verse umfassenden Monumentalwerk des persischen Dichters Abūl-Qāsim Ferdausī aus dem 10. Jahrhundert. Die mit „Das Buch der Könige“ übersetzte Dichtung gilt als persisches Nationalepos.
Mit der in den Jahren 1997–1999 entstandenen und in diesem
Konzert in Auszügen uraufgeführten Ballett-Suite widmete sich Jahromi einer weiteren Geschichte aus dem Buch der Könige: der Tragödie um den iranischen Helden Rostam und seinen Sohn Sohrab.

Auf einer Jagd wird Rostam eines Nachts sein Pferd gestohlen. Er begibt sich am nächsten Morgen in die nahegelegene Grenzstadt Samangan, um Hilfe bei der Suche zu erbitten. Man ist erfreut über den Besuch des großen Helden und gibt ihm zu Ehren ein Fest, auf dem er Tahmine, die Tochter des Königs von Samangan, ennenlernt. Er hält um ihre Hand an und sie werden vermählt. Am nächsten Tag wird Rachsch, das Pferd Rostams gefunden. Rostam verlässt Tahmine und schenkt ihr zum Abschied einen Armreif.
Tahmine bringt einen Sohn zur Welt, den sie Sohrab nennt. Als dieser erwachsen geworden ist, erfährt er von Tahmine, dass er der Sohn des Helden Rostam ist. Er beschließt, seinen Vater zu suchen, und begibt sich mit einem Heer in den Iran, um den Schah zu stürzen und Rostam an seiner statt auf den Thron zu setzen.
Der Schah erfährt von den einmarschierenden Truppen und ruft Rostam zur Unterstützung. Am „weißen Schloss“, der Grenzburg des Irans, treffen die Heere aufeinander und es kommt zu mehreren Schlachten.
Durch eine Reihe unglücklicher Zufälle erfahren weder Rostam noch Sohrab davon, dass Vater und Sohn auf unterschiedlichen Seiten gegeneinander kämpfen. So kommt es schließlich zum Zweikampf der beiden Heerführer, in dessen Folge zunächst Sohrab die Überhand gewinnt, dann aber von Rostam überlistet wird. Mit übermenschlicher Kraft, die ein Berggeist ihm verliehen hat, versetzt Rostam Sohrab einen tödlichen Stoß. Erst im Sterben wird Sohrab von seinem Vater an dem Armreif erkannt, den dieser einst Tahmine schenkte.
Sohrab verabschiedet sich ohne Groll von seinem Vater und bittet ihn, ob dieser schicksalhaften Ereignisse die Heere in Frieden ziehen zu lassen. Nach der Beisetzung zieht Rostam in die Wüste, um allein um seinen Sohn zu trauern.

Jahromi fängt die Dramatik und Tragik dieser Geschichte in einer dreizehnteiligen Ballett-Suite ein, aus der die AOV sieben Stücke spielt. Lyrische und farbenprächtige, an orientalische Melodik und Rhythmik angelehnte Passagen wie im IV. Teil, in dem Rostam und Tahmine heiraten, wechseln sich ab mit kraftvollen und dramatischen Interpretationen der Schlachten um das weiße Schloss (Teile VI und X). Im XII. Teil wird in düsteren Klangfarben ein leiser Verdacht ausgemalt, der Rostam beschleicht. Ungeachtet dessen findet jedoch am nächsten Tag der entscheidende, tragische Kampf zwischen Rostam und Sohrab statt (Teil XIII). Die Musik in diesem, dem längsten, Teil ist zunächst beseelt von aggressiver Rhythmik.
Als Sohrab der Todesstoß versetzt wird, scheint die Zeit stehen zu bleiben. Lang gehaltene, schmerzvolle Töne und Akkorde ziehen sich scheinbar in die Ewigkeit. Nicht enden wollende Motive erzählen von Rostams Trauer, bis die Suite schließlich mit einer Fanfare endet.

Moritz Disselkamp

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[expand title=“Nikolai Rimski-Korsakow – Scheherazade op. 35″]

„Sultan Schahriar war von der Falschheit und Unbeständigkeit der Frauen so überzeugt, dass er einen Eid schwur, jeder seiner Frauen nach der Brautnacht den Tod zu geben. Scheherazade jedoch rettete ihr Leben, indem sie sein Interesse an den Geschichten erregte, die sie ihm während tausendundeiner Nacht erzählte. Von Tag zu Tag verschob der Sultan, neugierig auf die Fortsetzung der Geschichten, ihre Hinrichtung und gab schließlich seine blutige Absicht auf.“

Diese kurze Inhaltsskizze findet man unter der Partitur der
Scheherazade, einer sinfonischen Dichtung des russischen Komponisten Nikolai Rimski-Korsakow (*1844, †1908). Aus diesem Grund verbreitete sich die Meinung, dass es sich bei diesem Werk um Programmmusik handle, dass also der Zuhörer während des Konzerts mit Hilfe der Geschichte ein Bild vor Augen haben sollte. Doch Rimski-Korsakows Absicht war eine ganz andere. Zwar gab er zu, dass die Musik an einzelne, nicht miteinander verbundene Episoden und Bilder aus dem Märchen „Tausendundeine Nacht“ angelehnt war, jedoch nicht an konkrete Geschichten. Daher gab er den vier Sätzen zunächst neutrale Satzbezeichnungen. Erst sein Freund und Komponistenkollege Anatol Ljadow riet ihm in einem Brief nach der Uraufführung 1888 in Petersburg, den einzelnen Sätzen konkrete Bezeichnungen zu geben. So erhielten die vier Sätze die Titel:

1. Das Meer und Sinbads Schiff.
2. Die Geschichte vom Prinzen Kalender.
3. Der junge Prinz und die junge Prinzessin.
4. Feier in Bagdad. Das Meer. Das Schiff zerschellt an einer Klippe unter einem bronzenen Reiter.

Gleichwohl blieb Rimski-Korsakow bei der Haltung, dass die Suite für ihn nur eine Reihe von aufeinanderfolgenden Sätzen mit gleichen musikalischen Themen sei. Die vorgegebenen Erzählungen erwiesen sich für ihn in der Folge als zu dominant, so dass er bei der Neuauflage der Partitur die Satztitel wieder in die neutralen Satzbezeichnungen umänderte. Dennoch werden die Sätze bis heute mit den jeweiligen Geschichten in Verbindung gebracht. Auffällig ist vor allem das Unisono-Motiv aus wuchtigen, bedrohlichen Akkorden, das schon direkt zu Beginn des Werks zu vernehmen ist und ohne Zweifel den tyrannischen Sultan Schahriar darstellt. Das Gegenmotiv sind die lyrisch-kapriziösen und von zarten Harfenakkorden gestützten Figurationen der Solovioline, die die um ihr Leben erzählende Scheherazade musikalisch abbilden.scheherezadeBeide Themen bilden den roten Faden des Werkes und werden von Rimski-Korsakow in jedem Satz aufgegriffen, wobei Zustimmung und Missbilligung des Sultans durch variable Behandlung seines Motivs gekennzeichnet sind. Rimski-Korsakow selbst stritt diese Verbindung der Geschichte mit seiner Musik allerdings stets ab:

„Leitmotive, die stets mit ein und denselben poetischen Ideen und Vorstellungen verbunden sind, wird man in meiner Suite vergeblich suchen. Die vermeintlichen Leitmotive sind nichts anderes als rein musikalisches Material oder Motive zur sinfonischen Verarbeitung.“

Das viersätzige Werk ermöglicht es durch die angedeutete Erzählung, ein Kaleidoskop an instrumentalen Farben und Klangnuancen entstehen zu lassen. Die wiederkehrenden Motive erscheinen immer wieder in einem neuen Licht, so dass verschiedene Stimmungen, Bilder und Charaktere zum Ausdruck kommen.

Im ersten Satz sind durch die schroffen Unterbrechungen des Sultan-Motivs die Ungeduld und sein Jähzorn deutlich zu hören. Das liebliche Scheherazade-Motiv lässt erahnen, wie sie den grausamen Sultan einwickeln muss, um ungeköpft die erste Nacht zu überleben.
Im zweiten Satz wird die Geschichte des Prinzen Kalender und dessen lustiger Eulenspiegeleien erzählt. Der in einer freien dreiteiligen Liedform gestaltete Satz basiert auf einem orientalisch getönten Hauptgedanken, der vom Solo-Fagott über den liegenden Quinten von vier gedämpften Solo-Kontrabässen eingeführt wird. Im dritten Satz erzählt Scheherazade mit lyrisch-sehnsuchtsvollem Ausdruck, der von grazilen Bewegungen der Holzbläser umspielt wird, von einem jungen Prinzen und seiner kleinen Prinzessin. Im vierten und letzten Satz muss Scheherazade noch einmal ihr Bestes geben, um den Sultan zu besänftigen. Mit einer üppigen Klangpracht wird das bunte Treiben des Festes in Bagdad beschrieben. Die darauf folgende Schilderung eines Schiffes, das auf stürmischer See an einem Felsen zu zerschellen droht, lässt den Sultan sich selbst erkennen – er selbst ist es, dem durch seine Boshaftigkeit die Vereinsamung und der Untergang drohen, wenn er nicht sein Leben ändert. In einer mächtigen Steigerung mit dem Sultan-Motiv in den Posaunen wird der Sinneswandel deutlich, bis Scheherazade und der Sultan in liebender Vereinigung zueinander finden.

Eva Schiwek
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Januar 2015

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[expand title=“Franz Schu­bert – Sym­pho­nie Nr. 8 h-Moll“]

Franz Schubert wurde am 31. Januar 1797 in Liechtenthal bei Wien geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit und erhielt erste musikalische Impulse. Mit elf Jahren wurde er Mitglied der Wiener Sängerknaben. Er verbrachte seine Jugend im angeschlossenen Konvikt, wo er neben einer allgemeinen Schulausbildung auch die Grundlagen für sein kompositorisches Schaffen erwarb. 1813 kehrte er nach Liechtenthal zurück und verdiente seinen Lebensunterhalt als Lehrergehilfe bei seinem Vater in der Schule seines Heimatdorfes. Daneben widmete er sich aber vor allem seiner musikalischen Weiterbildung und komponierte zahlreiche seiner bekannten Lieder. Auch die 1. Symphonie und die Messe in F entstanden in dieser Zeit.
Ab 1818, wieder in Wien, konnte Schubert sich dank seines großzügigen Freundes Franz von Schober und anderer Gönner ganz dem Komponieren widmen. Er blieb zeitlebens auf diese Förderung angewiesen, da größere finanzielle Erfolge ausblieben. Besondere Bekanntheit erlangten die „Schubertiaden“, gesellige musikalische Zusammenkünfte mit befreundeten Künstlern, bei denen unter anderem viele von Schuberts kammermusikalischen Werken zu Gehör gebracht wurden. Seine Bemühungen um größere öffentliche Anerkennung blieben jedoch zu Lebzeiten – mit Ausnahme eines Konzerts im Wiener Musikverein kurz vor seinem Tod 1828 – vergebens. Viele seiner großen Werke wurden erst nach seinem Tod zur Aufführung gebracht, etwa die letzten beiden Symphonien.
Schuberts Schaffen ist vor allem in seinen frühen Werken noch hörbar der Tradition der Wiener Klassik verbunden, lebte und arbeitete er doch in unmittelbarer zeitlicher und geografischer Nähe zu Beethoven, der nur ein Jahr vor ihm starb. In den kammermusikalischen Formen, dem Kernstück seines Wirkens, ging Schubert jedoch schon zeitig neue Wege. Er gilt als Meister des romantischen Kunstliedes (Liederzyklen: Die Winterreise, Die schöne Müllerin). Die neuen Ausdrucksmöglichkeiten, welche ihn im lyrischen Schaffen auszeichnen, sind auch in den späten Symphonien wiederzufinden.

„Wollte ich Liebe singen, ward sie mir zum Schmerz. Und wollte ich wieder Schmerz nur singen, ward er mir zu Liebe. So zerteilte mich die Liebe und der Schmerz“ (aus Schuberts „Mein Traum“, 3. Juli 1822)

Unterschiedliche Zählungen der letzten Symphonien führten dazu, dass die „Unvollendete“ sowohl als Nr. 7, 8 oder 9 bekannt ist. Mit der Arbeit an seiner h-Moll-Symphonie begann Schubert im Herbst 1822, stellte jedoch nur den 1. (Allegro moderato) und 2. Satz (Andante con moto) fertig. Er skizzierte nur einen kurzen Anfangsteil des Scherzos, welches als dritter Satz hätte folgen sollen. Über die Gründe, die den Komponisten daran hinderten, die Sinfonie zu beenden, gibt es viele Spekulationen. Obwohl nur zweisätzig, zählt die h-Moll-Symphonie zu den meistaufgeführten sinfonischen Werken Schuberts. Auch in diesem Instrumentalwerk zeichnet sich der „Liedkomponist“ Schubert durch seine lyrischen Themen aus. Beide Sätze sind entsprechend der Sonatenhauptsatzform aufgebaut. Im Gegensatz zum klassischen, heiteren Charakter seiner früheren Sinfonien ist dieses Werk von einer Grundstimmung schmerzlicher Tragik durchdrungen. Als Leitgedanke ist dem ersten Satz eine düstere Melodie der tiefen Streicher in der Grundtonart h-Moll vorangestellt. In dieser Tonart zeichnete Schubert in seinen Liedern mit besonderer Vorliebe musikalische Bilder vom Grab, welches in seiner Generation als Sehnsuchtsort und letzte Zuflucht gegolten haben soll.
Die Themen der Exposition spiegeln die innere Zerrissenheit zwischen Liebe und Schmerz wider. Dem schmerzlichen Klagegesang der Holzbläser folgt ein heiteres, teils wehmütiges Ländlermotiv der Streicher. Der zweite Satz vermittelt, beginnend in E-Dur (mit einem Pizzicatomotiv der Kontrabässe, das zum Hauptthema hinführt) zunächst eine hellere, verklärte Stimmung. Das eindringliche Seitenthema in cis-Moll, erstmals von der Klarinette vorgestellt, wird von einem harmonisch komplexen Geschehen getragen. Der zweite Satz verklingt nach der Rückkehr zum Haupthema in der Coda im wehmütigen Pianissimo.
Im Sinne der „Unvollständigkeit“ bringt die Akademische Orchestervereinigung an den 2. Satz anschließend das nur 20 Takte lange Fragment des Scherzos zur Aufführung.

Katharina Bettin

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[expand title=“Anton Bruck­ner – Sym­pho­nie Nr. 7 E-Dur“]

Anton Bruckner wurde 1824 in Ansfelden, Österreich, als Nachkomme einer österreichischen Bauernfamilie geboren. Von seinem Vater, der Schulmeister war, erbte er den Sinn für Kirchenmusik und das Streben zur Weiterbildung. Schon im Alter von zehn Jahren konnte er diesen an der Orgel vertreten. Mit dem Tod seines Vaters wurde der 13-jährige Bruckner als Singknabe im Augustinerchorherrenstift Sankt Florian aufgenommen, an dem er 1845 selbst Schulgehilfe wurde. Während dieser Zeit vervollkommnete er sein Orgelspiel und seine Kompositionstechnik, sodass sich die allmähliche Entwicklung vom Lehrer zum professionellen Musiker abzeichnete. Später führte er seine musikalischen Studien in Linz, dann in Wien fort, wo er das Amt des Hofkapellmeisters bekleidete und den Ehrendoktortitel der Universität erhielt. Wegen seiner (unerwiderten) Verehrung für Richard Wagner, auf dessen Tod das Adagio dieser 7. Symphonie eine Trauermusik darstellt, wurde Bruckner von seiner Gegnerschaft wie u. a. Brahms mehr als Wagneranhänger denn als eigenständiger Komponist bezeichnet. Der trotz etlicher Bemühungen sein ganzes Leben lang unverheiratet gebliebene Bruckner starb 1896 in Wien. Erst die Nachwelt zählt Bruckner zu den großen Symphonikern des 19. Jahrhunderts.
Bruckners Schaffen konzentrierte sich gleichermaßen auf die Kirchenmusik wie auf die Sinfonik. Die Siebente ist Bruckners meistgespielte Symphonie und gilt als eines seiner zentralen und bedeutendsten Werke. Mit ihrer Uraufführung 1884 in Leipzig erzielte er den ersten bahnbrechenden Erfolg, nachdem die früheren Symphonien entwe-der „durchgefallen“ oder gar nicht erst zur Aufführung gelangt waren.
Der 1. Satz Allegro moderato wird bestimmt durch die Melodiosität des ausgedehnten, sich scheinbar unendlich fortspinnenden Hauptthemas, welches zu Anfang durch die Violoncelli und Hörner vorgetragen wird.
Die erstmals von Bruckner im Adagio eingesetzten Wagnertuben spielen einen choralartigen, feierlichen Dialog mit den antwortenden Streichern. Der Schlussteil ist unter dem Eindruck der Nachricht von Wagners Tod (1883) „zum Andenken an den hochseligen, heißgeliebten unsterblichen Meister“ geschrieben.
In dem sehr schnellen Scherzo, welches durchweg im Dreivierteltakt gehalten ist, macht Bruckner sich die Faszination zu Nutze, die aus der stereotypen Wiederholung eines kurzen Motivs in hoher Frequenz resultieren kann. Ein sangliches, an österreichische Volksmusik erinnerndes Trio wird von zwei energiegeladenen Außenteilen eingerahmt.
Das Finale steigert sich nicht nur zum Ziel hin, sondern wirkt gleichzeitig auch wie ein auf den Anfang zurückgreifender Bogen: Die Symphonie mündet in einem krönenden Abschluss, wenn das mächtige Hauptthema aus dem 1. Satz nun im Fortissimo vom ganzen Orchester erklingt.

Almuth Raithel
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Juli 2014

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[expand title=“Robert Schumann – Faust-Ouvertüre“]

„Es ist ganz unmöglich“, war Goethe überzeugt. Sämtliche Versuche, sein großes Epos angemessen zu vertonen, also allesamt aussichtslose Unterfangen? Nichtsdestotrotz versuchten sich viele namhafte Komponisten an einer Vertonung, neben Felix Mendelssohn-Bartholdy und Richard Wagner auch Robert Schumann (1810–1856). Er schuf ein Schlüsselwerk der Romantik, das im Wesentlichen auf dem zweiten Teil von Goethes Drama basiert. 1844 als Oper geplant, vollendete Schumann das Werk 1853 schließlich als weltliches Oratorium. Erst fünf Jahre nach dem Tod des Komponisten fand in Köln die Uraufführung statt. Danach führte es lange ein Schattendasein, auch bedingt durch die aufwändige Besetzung, und ist auch heute sicher nicht das bekannteste Werk Schumanns.

Die Komposition verlief unter schwierigen Bedingungen: neben dem Rückschlag, nicht Nachfolger von Mendelssohn-Bartholdy am Leipziger Gewandhaus zu werden, litt Schumann unter mehreren Krankheiten. Auch andere Kompositionen während dieser Zeit brachten nicht die gewünschte Resonanz. Schließlich folgte 1850 Schumann dem Ruf aus Düsseldorf und übernahm den Posten des Städtischen Musikdirektors. Doch auch hier kam er nicht zum erhofften Erfolg, er überlegte schon früh, das Amt niederzulegen. Diese Widrigkeiten werden häufig als Ursache dafür benannt, weswegen von dem sonst so typisch poetischen Geist Schumanns, ausgezeichnet vor allem durch seine Klaviermusik, in seiner „Faust“-Vertonung nicht viel zu hören ist. Dennoch fanden sich viele Fürsprecher, wie Benjamin Britten und Claudio Abbado, die sich für die Aufführung dieses Werkes eingesetzt haben.

Doch um es nun mit Goethes Worten aus „Faust“ zu sagen:

„Der Worte sind genug gewechselt, lasst mich auch endlich Taten sehn.“

Benedikt Eggemeier & Tobias Bätge

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[expand title=“Richard Strauss – Vier letzte Lieder“]

Einen Monat nach seinem 150. Geburtstag bringt die Akademische Orchestervereinigung eines der Spätwerke des deutschen Komponisten Richard Strauss zur Aufführung, wohl unbestritten einer der bedeutendsten Komponisten des späten 19. beziehungsweise frühen 20. Jahrhunderts. Am 11. Juni 1864 als Sohn eines renommierten Hornisten und einer Abkömmin der reichen Münchner Brauerfamilie Pschorr geboren, wuchs der junge Strauss geradezu in eine akademische und durch die Musik geprägte Welt hinein. Seine Karriere umfasste im Folgenden Stationen wie das Hoftheater Weimar, die Berliner Philharmoniker und die Leitung der Wiener Staatsoper.
Zum nationalsozialistischen Deutschland hatte Richard Strauss ein zwiegespaltenes Verhältnis: Einerseits anbiedernd (er schrieb beispielsweise die Hymne für die Olympischen Spiele 1936 in Berlin und war 1933–1935 sogar Präsident der Reichsmusikkammer), war der Komponist andererseits ein Gegner der nationalsozialistischen Ideologie und geriet mehrfach mit wichtigen Nazi-Größen in Konflikt, weil er jüdische Musiker und Librettisten zu schützen versuchte. Ständig trieb ihn auch die Sorge um seine Familie um, da seine Schwiegertochter jüdischer Abstammung war.
Nach Kriegsende flüchtete Strauss in die Schweiz, weil er Verfolgung im Rahmen der „Entnazifizierung“ Deutschlands befürchtete. Briefe, die er in dieser Zeit schrieb, lassen erahnen, mit welcher Verzweiflung der über 80-Jährige auf die Trümmer seiner Heimat und seines Lebenswerks zurückgeblickt haben muss. In den letzten Jahren bis zu seinem Tod 1949 schrieb Richard Strauss mehrere Werke, die ein Zeugnis dieser Trauer bilden: unter anderem die „Vier letzten Lieder“, die erst posthum zu einem Zyklus kombiniert und veröffentlicht wurden und heute zu den bekanntesten Strauss-Liedern zählen.
Die „Vier letzten Lieder“ für Sopran und Orchester vertonen Gedichte von Hermann Hesse (Frühling, September, Beim Schlafengehen) und Joseph von Eichendorff (Im Abendrot). Sie entstanden 1948, waren allerdings vom Komponisten nicht als zusammengehöriges Werk vorgesehen und wurden erst 1950 von seinem Freund und Verleger Ernst Roth veröffentlicht, der der Liedersammlung ihren Namen gab.

„Nun liegst du erschlossen / In Gleiß und Zier / von Licht übergossen / wie ein Wunder vor mir.“
„Frühling“ ist das dynamischste Lied. Die farbenreiche und klangvolle Orchestrierung, die Strauss‘ Werke seit jeher auszeichnete, kommt hier besonders zur Geltung, während sie in den weiteren Liedern zunehmend düsteren und gedämpfteren Klängen weicht.

„Der Sommer schauert / still seinem Ende entgegen.“
Ist der Frühling noch froh gestimmt und eine Zeit des Erwachens,
klingt im Lied „September“ nun das zentrale Thema des Liedzyklus, Strauss‘ Auseinandersetzung mit Tod und Sterben an, etwa, wenn es am Schluss des Gedichts heißt: „Langsam tut er [der Sommer] die müdgeword’nen Augen zu.“

„Alle meine Sinne nun / wollen sich in Schlummer senken.“
Der ruhige, besinnliche Klang vom Ende des Septembers findet seine Fortsetzung in diesem Lied mit dem Titel „Beim Schlafengehen“; dunkle Streicherfarben lassen schon zu Beginn klar werden, dass hier mehr als das Schlafengehen eines gewöhnlichen Abends vertont wird. Im Mittelteil schwebt eine melancholische Solovioline über Horntönen, bevor sich die Singstimme nochmals erhebt und die „unbewachte Seele“ in die Nacht entschweben lässt.

„Wie sind wir wandermüde– / Ist dies etwa der Tod?“
Von tiefer Ruhe und Harmonie durchdrungen ist das letzte Lied „Im Abendrot“. Zwei vom Sopran besungene Lerchen erheben sich über den dichten Klangteppich, bevor zu den letzten Worten „ist dies etwa der Tod?“ noch einmal das Auferstehungsthema aus der 60 Jahre zuvor komponierten symphonischen Dichtung „Tod und Verklärung“ des Komponisten erklingt. Strauss soll 1949 auf dem Totenbett zu seiner Schwiegertochter gesagt haben: „Es ist eine komische Sache, Sterben ist genau so, wie ich es in Tod und Verklärung komponiert habe.“
Das Lied verklingt mit lang gehaltenen Akkorden, über denen die
Lerchen leise ihr Lied trällern.

Moritz Disselkamp


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[expand title=“Ludwig van Beethoven – Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92 „]

Ludwig van Beethovens 7. Symphonie in A-Dur wurde 1812 vom Komponisten selbst in Wien im Rahmen eines Benefizkonzerts zugunsten der antinapoleonischen Kämpfer eineinhalb Monate nach der Völkerschlacht bei Leipzig uraufgeführt. Die Symphonie ist somit nach der 3. eine weitere Auseinandersetzung Beethovens mit Napoleon, diesmal jedoch im Kontext der Befreiung aus der Besatzung. Vor allem der 1. und 2. Satz sind stark rhythmisch geprägt und in ihrer Art einzigartig. Der Rhythmus des 1. Satzes ging als „Amsterdam“-Strich in die Etüden-Bücher für Orchestermusiker ein. Das Thema des 2. Satzes kommt gänzlich ohne Harmonik aus und wird trotzdem sofort erkannt. Beethovens fortgeschrittene Taubheit könnte eine Erklärung für die rhythmische Betonung der Symphonie sein. Als Vorbereitung zum Hauptthema des ersten Satzes beginnt sich in der 62-taktigen Einleitung das charakteristische Rhythmusmotiv zu manifestieren. Das Hauptaugenmerk liegt hier vorerst auf der harmonischen Ausarbeitung der Dreiklänge, die als Akkorde geschlossen und gebrochen sowie als Skalen auftreten. Diese Skalen bilden einen ständigen Dialog zwischen den einzelnen Stimmgruppen. Erst nach und nach entwickelt sich die rhythmische Komponente: Beethoven lässt den Zuhörer gewissermaßen am Entstehungsprozess der Symphonie teilhaben. In den ersten 4 Takten des nachfolgenden Vivaces ist der Rhythmus in seiner endgültigen Form zu hören und zieht sich bis zum Ende des ersten Satzes durch. Der zweite Satz gehört zu Recht zu den bekanntesten Werken Beethovens. Der pathetische Trauermarsch in a-Moll beginnt und endet mit einem zur damaligen Zeit höchst ungewöhnlichen Quart-Sext-Akkord. Lange Zeit bleibt der Rhythmus unverändert, ohne jedoch den Eindruck von Eintönigkeit zu vermitteln, bevor das Allegretto für kurze Zeit in eine erleichterte Dur-Passage wechselt. Gegen Ende erklingt erneut das Anfangsthema, jedoch reduziert auf den Rhythmus, aufgeteilt auf die verschiedenen Bläser. Der dritte Satz bildet mit seinem lebhaften Charakter einen starken Kontrast zum ruhigen zweiten Satz. Das Thema des Scherzos wird in schnellem Tempo vorgetragen, wirbelt geradezu dahin und führt in eine Sphäre von Freude und Übermut. Schwungvoll ansteigend, mündet das Thema in ein absteigendes Staccato. Ab Takt 150 beginnt ein ruhiges, kontrastierendes Trio, das wieder die erwartete Freude auf das Finale zeigt. Nach einem kurzen erneuten Anspielen des Scherzos wird das Thema von 5 Tutti-Schlägen jäh durchbrochen.
Der letzte Satz ist schließlich ein mitreißendes, sich von allen Fesseln losreißendes Finale. Carl Maria von Weber soll Beethoven aufgrund dieses Satzes „reif für das Irrenhaus“ erkl rt haben. iel ist bereits über die musikalischen uellen des Finales geschrieben worden: ob nun das irische Volkslied Nora Creina, „ s rd s“-Rhythmen oder der Revolutionsmarsch „Le Triomphe de la publique“ von Francois Jose h ossec als orlage dienten, l sst sich nicht zweifelsfrei belegen, doch der Revolutionsmarsch scheint im Hintergrund der antinapoleonischen Veranstaltung durchaus nicht abwegig. Der rasante Aufbau immer neuer von Rhythmus durchzogener Klangmassen, heftig skandiert und angestachelt von der Pauke, das Ausreizen der Dynamik bis zum dreifachen Forte war so in Beethovens Sinfonien noch nicht zu finden. Während die Geigen gegen Schluss eine verkürzte Variation des Themas spielen, treiben die tiefen Streicher mit einem ständig wachsendem Grollen die Freude des Satzes ihrer Spitze entgegen. Die Uraufführung der 7. Symphonie gehört zu Beethovens größten Erfolgen. Die Reaktionen auf dieses Meisterwerk waren durchweg positiv, der 2. Satz wurde bei der Aufführung da capo verlangt und Beethoven etablierte sich endgültig als größter lebender Komponist. Johannes

Johannes Köppl

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[expand title=“Solist: Hanna Zumsande„]

Hanna Zumsande

Hanna Zumsande Die aus Osnabrück stammende Sopranistin Hanna Zumsande erhielt seit ihrer Kindheit Violin- und Klavierunterricht. Neben ihrem Gesangsstudium bei Prof. Jörn Dopfer an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg schloss sie das Studium der Schulmusik mit künstlerischem Hauptfach Violine mit dem ersten Staatsexamen in den Fächern Musik und Latein ab. 2013 beendete sie mit der Partie der Contessa in Mozarts „Le Nozze di Figaro” erfolgreich das Aufbaustudium Master Oper in der Klasse von Prof. Carolyn James. Eine enge Zusammenarbeit verbindet sie zudem mit Ulla Groenewold. Unterricht bei Prof. Burkhard Kehring sowie Meisterkurse bei Margreet Honig und im Bereich Lied bei Rudolf Jansen, Ulrich Eisenlohr, Axel Bauni und Anne Le Bozec ergänzen ihre Ausbildung. Als gefragte Konzertsolistin arbeitet Hanna Zumsande mit Dirigenten wie Peter Neumann, Hermann Max, Wolfgang Katschner, Marcus Creed, Jörg Straube und Christoph Schoener und mit Orchestern wie der Akademie für Alte Musik Berlin, dem Zürcher Kammerorchester, Musica Alta Ripa, L`arpa festante, L`Arco Hannover, Elbipolis Barockorchester Hamburg, Concerto Farinelli, Lautten Compagney Berlin und den Hamburger Symphonikern zusammen. Konzertengagements führten sie bereits zu den Händel-Festspielen in Göttingen und Halle, zum Bachfest Leipzig und in namhafte Konzertsäle wie das Concertgebouw Amsterdam, die Tonhalle Zürich, die Hamburger Laeiszhalle und die Hamburger St. Michaelis-Kirche. Hanna Zumsandes breitgefächertes Konzertrepertoire spannt einen weiten Bogen von Werken des Frühbarocks über Bachs, Händels, Haydns und Mendelssohns große Oratorien bis hin zur Moderne. Zahlreiche CD-Produktionen und Rundfunk-Aufnahmen dokumentieren ihr künstlerisches Schaffen. 2014 stehen Debüts beim Schleswig-Holstein Musik Festival unter Thomas Hengelbrock sowie in der Essener Philharmonie an. Neben ihrer Konzerttätigkeit erarbeitet sich Hanna Zumsande ein anspruchsvolles Opernrepertoire. Nach zahlreichen Rollen in Opernproduktionen der Hochschule für Musik und Theater Hamburg gastierte sie am Theater Kiel, am Landestheater Schleswig-Holstein und bei den Neuen Eutiner Festspielen. Hanna Zumsande ist Preisträgerin mehrerer Wettbewerbe: 2009 gewann sie den Wettbewerb der Händel-Festspiele Göttingen und Halle, 2010 den 1. Preis beim Mozart-Wettbewerb der Absalom-Stiftung Hamburg und den 1. Preis des Elise-Meyer-Wettbewerbs; beim Maritim Musikpreis 2011 wurde ihr der Publikumspreis verliehen. Au- ßerdem war sie Stipendiatin der Oscar und Vera Ritter-Stiftung und der Hermann und Milena Ebel-Stiftung.
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Januar 2014

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[expand title=“Niels W. Gade – Nachklänge von Ossian op. 1″]

Niels Wilhelm Gade, 1817 in Kopenhagen geboren, war ab 1833 Geiger an der königlichen Kapelle in Kopenhagen. Nebenbei nahm er privaten Kompositionsunterricht bei dem dänischen Komponisten und Organisten Andreas Peter Berggreen.

Als Komponist wurde Gade schlagartig bekannt, als er 1841 mit einer Konzertouvertüre den ersten Preis beim Kompositionswettbewerb des Kopenhagener Musikvereins gewann. Ein königliches Stipendium führte ihn anschließend nach Leipzig zu Felix Mendelssohn-Bartholdy. Dieser ermöglichte Gade die Aufführung eigener Werke im Gewandhaus. Nach Mendelssohns Tod 1847 übernahm Gade dessen Stelle als Kapellmeister, kehrte allerdings 1848 aufgrund des Schleswig-Holsteinischen Krieges nach Kopenhagen zurück, wo er bis zu seinem Tod im Jahre 1890 als Dirigent und Komponist wirkte.

Die Ouvertüre, der Niels W. Gade seinen Durchbruch als Komponist verdankt, wurde als Nachklänge von Ossian op. 1 veröffentlicht. Das Werk steht beispielhaft für den frühen Kompositionsstil von Gade, der durch nordische Literatur inspiriert und volksliedhaft gehalten ist. So zeichnet sich die Ouvertüre durch den Einsatz der Harfe (als Sänger- und Barden-Instrument) und die für die damalige Zeit freie Form aus, die Gade mit einem Zitat von Ludwig Uhland wie folgt kommen- tierte: „Formel hält uns nicht gebunden, unsere Kunst heißt Poesie.“ Die Entstehungsgeschichte der literarischen Vorlage ist ebenso abenteuerlich wie ihr Inhalt: 1760 beauftragte der schottische Kritiker Hugh Blair den Hauslehrer James Macpherson damit, alte gälische Sa- gen zu sammeln. Macpherson lieferte auch eine Reihe von Sagen, die er angeblich aus dem Gälischen ins Englische übersetzt, tatsächlich jedoch – in Ermangelung echter Quellen – frei erfunden hatte. Blair war begeistert und mutmaßte, der aus der schottischen Mythologie bekannte Ossian müsse der Verfasser sein. Macpherson lieferte weitere Erzählungen, die 1765 gesammelt als schottisches „Nationalepos“ mit dem Titel „Ossians Gesänge“ herausgebracht wurden. Die von vielen Kritikern angezweifelte Echtheit tat der Beliebtheit in ganz Europa keinen Abbruch und inspirierte viele europäische Künstler.

Moritz Disselkamp, Januar 2014

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[expand title=“Edvard Grieg – Klavierkonzert a-Moll op. 16″]

Edvard Grieg wurde am 15. Juni 1843 in Bergen, Norwegen, geboren. Er gilt heute als einer der wichtigsten skandinavischen Vertreter der nationalen Schulen und damit Teil der nationalkulturellen Bewegung, welche nach den napoleonischen Kriegen in Europa einsetzte. Schon mit 6 Jahren erhielt er von seiner Mutter, welche selbst Pianistin war, Klavierunterricht. Auf Empfehlung des Geigers Ole Bull begann Grieg mit 15 Jahren in Leipzig am Konservatorium zu studieren. 1863 setzte er sein Studium bei Niels W. Gade in Kopenhagen fort. Dort kam er erstmals mit der Idee einer skandinavischen Romantik in Berührung, wobei er jedoch Gade für seinen „Mendelssohn-verweichlichten Skandinavismus“ kritisierte. Prägend für seine weitere Entwicklung waren der Kontakt zu Hans Christian Andersen und insbesondere die Freundschaft zu dem etwa gleichaltrigen Norweger Rikard Nordraak, dem Komponisten der norwegischen Nationalhymne, der Grieg mit seinem Enthusiasmus für eine nationale norwegische Musik ansteckte. Grieg entwickelte in den folgenden Jahren in Oslo eine Tonsprache, in welcher er nicht nur Volksmusik zitierte, sondern seine Themen daraus entwickelte. Einfluss auf sein Schaffen hatte besonders seine Frau, die Sängerin Nina Hagerup, die er 1867 ehelichte. Sie inspirierte ihn zu vielen seiner Lieder. Von 1885 bis zu seinem Tod am 4. September 1907 lebte und wirkte Edvard Grieg in seinem Haus „Troldhaugen“ südlich von Bergen. Klavierkonzert a-Moll op. 16 Grieg war Meister des Liedes und der kleinen musikalischen Formen, und so ist sein einziges vollendetes Instrumentalkonzert, das Klavierkonzert a-Moll op. 16, eines seiner wenigen Werke größeren Umfangs. Es entstand 1868 in Dänemark. Seine Uraufführung am 3. April 1869 in Kopenhagen markierte Griegs musikalischen Durchbruch und machte ihn international bekannt. Das Konzert wurde von stürmischem Applaus zwischen den Sätzen und sogar bereits nach der großen Kadenz im ersten Satz unterbrochen. Grieg gilt als großer Bewunderer Schumanns, dessen Klavierkonzert ihn wohl inspiriert hat, selbst eines zu komponieren. Häufig wird auf die Parallelen, insbesondere den energischen, abwärts stürzenden Einstieg des Klaviers, zwischen den beiden a-Moll-Klavierkonzerten hingewiesen. Für die nordische Klangfärbung in Griegs Klavierkonzert sorgt von Beginn an der sogenannte Grieg’sche Leitton, welcher statt aufwärts zur Tonika abwärts zur 5. Stufe leitet (z. B. die Tonfolge a – gis – e). Anschließend stellen die Bläser das Hauptthema (kurze, leise, rhythmisch markante Phrasen mit gesanglichem Nachsatz) des ersten Satzes Allegro molto moderato vor, welches im Folgenden vom Klavier aufgegriffen wird und zum träumerischen Seitenthema in den Celli überleitet. Das Thema zeigt sich im gesamten Satz, in der Sonatenhauptsatzform angelegt, immer wieder wandlungsfähig, mal wehmütig, mal pathetisch, bis es in der groß angelegten Kadenz einen fast herrischen Charakter annimmt. Der Satz endet mit einer kurzen Coda. Im zweiten Satz Adagio tragen die sordinierten (gedämpften) Streicher eine ruhevolle, innige Melodie in Des-Dur vor. Das Klavier führt diese mit filigranen Umspielungen zu einer großen Steigerung. Direkt im Anschluss folgt das Finale Allegro moderato molto e marcato. Das Hauptthema, altnorwegischen Bauerntänzen nachempfunden, wird vom Klavier vorgetragen. Diesem setzt Grieg eine zarte Flötenmelodie entgegen und verbindet so, wie er einmal sagte, Schwarzbrot (Volksmusik) mit Austern und Kaviar (Kunstmusik). In zwei Solo- kadenzen darf der Solist sein Können unter Beweis stellen, bevor das Konzert mit triumphierenden Fortissimoklängen aller Instrumentengruppen und rauschenden Klavierarpeggien schließt.

Katharina Bettin, Januar 2014

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[expand title=“Jean Sibelius – Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39″]

Jean (Johan) Christian Julius Sibelius wurde am 8. Dezember 1865 in Hämeenlinna, Finnland, als Sohn eines finnischen Arztes geboren. In seiner Kindheit erhielt Sibelius Klavier- und Violinunterricht. An der Universität Helsinki schrieb er sich zunächst als Student der Rechte und der Musik zugleich ein, wandte sich jedoch nach kurzer Zeit ausschließlich der Musik zu. Die Originalität seiner Abschlusskomposition am Musikinstitut überraschte die führenden Männer des Musiklebens in Helsinki, wie u. a. den Klavierlehrer F. Busoni. Jener empfahl Sibelius einige Jahre später, nachdem er seine Studien in Berlin fortgesetzt und seine künftige finnische Frau kennengelernt hatte, an Brahms nach Wien. Brahms empfing ihn zwar nicht, allerdings schloss Sibelius mit weiteren Instrumentationsstudien seine Lehrzeit in Wien ab und kehrte 1891 nach Finnland zurück. Die bedrängte politische Lage im Finnland der 1890er Jahre erweckte in Sibelius das Gefühl für das Vaterländische und Finnische. Besonders mit seinen ersten Orchesterwerken sowie mit den durch Volksdichtung und Mythologie inspirierten symphonischen Dichtungen wurde Sibelius als Vertreter eines finnischen nationalromantischen Musikstils bekannt. Große Erfolge errangen seine 1. Sinfonie (1899) sowie Finlandia (1900). Sibelius wusste aus Erfahrung, dass er nur auf dem Lande oder als Anonymer in der Großstadt die Arbeitsruhe besaß, die ihm unerlässlich war. So zog er sich nach ausgedehnten Reisen und Gastverpflichtungen im Ausland mit seiner Familie ab 1904 zunehmend nach Järvenpää nahe Helsinki zurück, wo er bis zu seinem Tod im Jahr 1957 wirkte. Über sein Schweigen während der letzten 30 Jahre seines Lebens, während der er nichts mehr veröffentlichte, wird viel spekuliert. Die extreme Sensibilität seiner Natur, eine stets wachsende Selbstkritik, die ihn sogar zur Verbrennung der Partitur seiner 8. Sinfonie brachte, haben in Verbindung mit einem im Alter zunehmenden Händezittern zum Nachlassen des Schaffens geführt. Eine jugendliche, geistige Vitalität hat Sibelius sich aber bis ans Ende seines langen Lebens bewahrt.

Sinfonie Nr. 1 e-Moll op. 39
Die Beschäftigung mit der mythischen Welt des finnischen Nationalepos Kalewala hat Sibelius angeregt, in seinen Kompositionen den Mythos und die Natur seines Landes sprechen zu lassen. Seine Ausdrucksart mag „exotisch“ erscheinen, entstammt jedoch der eigenen, „finnischen“ Persönlichkeit des Komponisten. Gerade durch diese rücksichtslos persönliche Kunst, die so wenig dem zeitgenössischen Stilbewusstsein entsprach, lässt sich Sibelius musikgeschichtlich als eine der einsamen Gestalten der Spätromantik einordnen. Seine 1. Sinfonie komponierte Sibelius in den Jahren 1898/99, woraufhin sie im April 1899 in Helsinki unter großem Anklang uraufgeführt wurde. Diese Sinfonie bildet den Höhepunkt seiner ersten sogenannten mythologisch-romantischen Schaffensphase, die durch schwelgerische Klang- und Farbenfülle charakterisiert ist. Den ersten Satz Andante ma non troppo – Allegro energico leitet ein Klarinettensolo mit einer schwermütigen, einsamen Melodie ein, die von Paukenwirbel begleitet wird. Ein plötzlich einsetzendes Tremolo der Streicher lässt die Stimmung ins Dramatische umschlagen. Weitere Kraftausbrüche und Stimmungswechsel thematisieren fortlaufend diesen Satz. Der 2. Satz Andante (ma non troppo lento) beginnt mit einer elegischen Melodie, die sich zu einem leidenschaftlichen Gipfel steigert und am Ende in die sanfte Anfangsstimmung zurückkehrt. Das Scherzo (Allegro) lockert mit seinem robusten, rhythmisch kühnen Ausdruck die tragische Grundstimmung des Werkes auf, das seinen dramatischen Höhepunkt im Finale (Quasi una Fantasia) erreicht. Die am Anfang der Sinfonie erklungene Klarinettenmelodie wird nun vom gesamten Orchester instrumentiert und zeichnet den
Hintergrund, auf dem das schicksalhafte Seelendrama breit ausgeführt zu Ende getragen wird.

Almuth Raithel, Januar 2014

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[expand title=“Solist: Mauro Lo Conte„]

loconteMauro Lo Conte, der die schweizerische und italienische Staatsbürgerschaft besitzt, wurde am 24. September 1984 geboren. Seine musikalische Laufbahn begann im Alter von neun Jahren – ursprünglich mit dem Akkordeon, einem Instrument, das eng mit seinen Wurzeln verbunden ist und das ihn sein langjähriger Lehrer und Begleiter Freddy Balta spielen lehrte, der ihn später auch im Fach Klavier unterrichtete. Heute ist das Klavier sein bevorzugtes Musikinstrument. 2003 wurde Mauro Lo Conte Schüler in der Klasse von Christian Favre am „Conservatoire de Lausanne“, der Hochschule für Musik in Lausanne/Schweiz, an der er 2006 sein Lehrdiplom ablegte. Zwei Studienjahre später erhielt er das Solisten-Diplom. Für seine Leistung wurde er mit dem ersten Preis der Max-Jost-Stiftung für das beste Solisten-Diplom aller Absolventen ausgezeichnet. Im Jahr 2008 wurde der Klavierprofessor Evgeni Koroliov auf ihn aufmerksam und Mauro Lo Conte zog nach Hamburg, um seine Studien bei ihm an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg fortzusetzen. Seit 2010 ist er dort als Dozent tätig. Während seines Studiums besuchte Mauro Lo Conte verschiedene Meisterkurse renommierter Lehrer wie Pascal Devoyon, Jean-Philippe Collard und Dominique Merlet. Mauro Lo Conte gab regelmäßig Konzerte in der Schweiz und in vielen anderen europäischen Ländern und in Asien. Zudem spielte er Aufnahmen für „Radio Suisse-Romande“, „Télévision Suisse-Romande“,
„France Musique“, „NDR Radio“ und „Hamburg 1“ ein. Neben dem Max-Jost-Preis erhielt er verschiedene weitere Preise, unter anderem den Studienpreis der Alfred-Toepfer-Stiftung. Im Jahr 2009 gewann er den Kulturpreis der „Fondation Leenaards“ und wird seit 2011 von IMMACultur gefördert. Musikkritiker loben sein phantasievolles Spiel, seinen Sinn für Polyphonie und seine musikalische Reife.[/expand]