Schlagwort-Archiv: Alexander Schindler

Januar 2011

[expand title=“Silvestre Revueltas – Sensemayá“]

Silvestre Revueltas (1899 – 1940) gilt neben Carlos Chávez als der wichtigste und mexikanischste Komponist seines Landes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als Kind begann er mit Geigenunterricht und wurde 1913 Student am Conservatorio Nacional de Música in Mexiko Stadt, wo er Geige und Musiktheorie studierte. 1916 ging er an das San Antonio College in Texas, wo er zwei Jahre später sein Diplom in „Violin, Harmony and Composition“ erlangte.

Durch Chávez kam Revueltas mit zeitgenössischer Musik in Berührung und die beiden arbeiteten lange Zeit zusammen. Nachdem er sowohl in Mexiko als auch in den USA als Violinist tätig gewesen war, zog er 1928 zurück nach Mexiko, wo er den Lehrstuhl für Geige und die Leitung des Orchesters am Conservatorio Nacional annahm. Es begann eine kurze, aber ergiebige Zeit als Komponist und Dirigent.

Sein wohl berühmtestes Werk, Sensemayá, komponierte Revueltas in seiner letzten Schaffensperiode im Jahr 1938. Hier konnte er auf die von ihm in den vorhergehenden Jahren entwickelten Kompositionstechniken zurückgreifen und demonstrierte auf brillante Weise die Schichttechniken, mit denen er früher experimentiert hatte. Nicht selten wird das Werk auch das „lateinamerikanische Sacre du Printemps“ genannt.

Die sinfonische Dichtung „Sensemayá“; basiert auf dem berühmten gleichnahmigen Negrista-Gedicht seines Freundes Nicolás Guillén, eines kubanischen Dichters. Es schildert die Beschwörungen eines Mayombero, einer Art Schamanen, während der rituellen Opferung einer Schlange, wie sie in bestimmten afro-karibischen Kulturen praktiziert wird. Dabei wirdSensemayá, die weibliche Gottheit, angerufen. Im stellenweise nicht übersetzbaren Gedicht lässt sich jedoch erahnen, dass das sich-in-Trance-Reden durch litaneiartige Wiederholungen wichtiger ist als der eigentliche Tötungsakt.

Revueltas lässt durch den hypnotischen Grundrhythmus im 7/8-Takt, die sich überlagernden Zeitebenen der rhythmischen Motive und durch grelle Klangfarben, Dissonanzen und energisches Aufbäumen in der Musik die Begegnung mit der lebensgefährlichen Schlange dem Zuhörer bildlich vor Augen treten.

Vera Weinbrenner und Lorenz Nordmeyer, Januar 2011

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[expand title=“George Gershwin – Klavierkonzert in F“]

George Gershwin wurde am 26. September 1898 als zweites von vier Kindern in Brooklyn, New York, geboren. Seine Eltern waren russische Juden, die von St. Petersburg nach Amerika ausgewandert waren. Nur durch Zufall begegnete er der Musik, als er seinen Schulkameraden, dem Geiger Maxie Rosenzweig, 1908 durch ein Fenster bei einem Vortrag über DvoráksHumoreske zuhörte und davon beeindruckt war.

1912 bekam er bei dem Musiker und Komponisten Charles Hambitzer Klavierunterricht. Dieser erkannte sogleich dessen Begabung und vermittelte ihm eine solide klassische Grundlage. Gershwin hatte eine besondere Affinität zu afroamerikanischen Musikern und ihrer Musik. Er experimentierte viel, synthetisierte verschiedene Stile und Traditionen und verstand sich selbst als Interpreter of American life in music.

Nach einem Konzert in Boston hieß es in der Kritik über Gershwin: „He is the beginning of the age of sophisticated jazz“. Bald wurde er als Theaterkomponist und Songtextwriter berühmt, besonders sein Werk Rhapsody in Blue brachte ihm mit der Zeit immer mehr Popularität und Wohlstand. Obwohl er noch nie ein Werk für Orchester geschrieben hatte, bekam er 1925 von der New Yorker Symphony Society den Auftrag für ein Klavierkonzert, wobei er selbst als Solist auftreten sollte. Gershwin empfand dies als eine Ehre und begann seine Arbeit am 22. Juli 1925. Vor der Uraufführung mietete er für einen Nachmittag das Globe Theatre, engagierte ein Orchester und probierte sein erstes Orchesterwerk aus.

Am 3. Dezember dieses Jahres fand die Uraufführung des Concerto in F unter Walter Damrosch in New Yorks Carnegie Hall statt. Die Kritik des Werkes war gespalten; Satz und Form wurden kritisiert, der Unterhaltungscharakter bemängelt. Damrosch dagegen meinte: „Allein der 2. Satz mit seiner träumerischen Stimmung, der an eine Sommernacht in unseren Südstaaten denken lässt, ist ein Beweis für Gershwins großes Talent.“

Auch der englische Dirigent Albert Coates war von dem Concerto in F überzeugt und sagte, es sei das bedeutendste musikalische Werk Amerikas. Gershwin hatte Wert auf die traditionelle Haltung des Werkes gelegt, aber den Jazz- und Bluesrhythmus hatte er so verinnerlicht, dass auch diese Komposition das Etikett „Jazz“ aufgestempelt bekam.

Es folgte eine weiterhin erfolgreiche Zeit, Gershwin reiste mehrmals nach Europa; einige seiner berühmtesten Kompositionen wie Ein Amerikaner in Paris entstanden zu dieser Zeit.

Auf Maurice Ravels Wunsch kam es während einer Reise nach Paris zu einem Treffen der beiden Komponisten, worauf Gershwin diesen bat, ihn zu unterrichten. Zum Bedauern Gershwins lehnte Ravel jedoch ab. „Sie sind ein erstklassiger Gershwin. Warum wollen Sie ein zweitklassiger Ravel werden?“

Nachdem sich seit 1935 seine Popularität und seine Arbeitsbedingungen immer kontinuierlich verschlechtert hatten, zeigten sich 1937 bei Gershwin erste Symptome eines Gehirntumors. Am 9. Juli 1937 fiel er ins Koma und verstarb am 11. Juli 1937.

Vera Weinbrenner, Januar 2011

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[expand title=“Antonin Dvorák – Symphonie Nr. 6 D-Dur op. 60″]

Antonin Dvorák wurde am 8. September 1841 in Nelahozeves (Mühlhausen) in Böhmen geboren und verstarb am 1. Mai 1904.

Das kompositorische Vermächtnis Antonin Dvoráks umfasst alle Gebiete musikalischer Gestaltungsformen, in denen er auf beispielhafte Weise Einflüsse der Volksmusik, der Klassik und der Romantik miteinander verflochten hat. So findet sich neben tschechisch-folkloristischen Anklängen auch amerikanisches Kolorit.

Als seine Hauptwerke gelten unzweifelbar seine neun Symphonien, das anlässlich des Todes zweier seiner Kinder entstandene Stabat Mater, sein Requiem, das Cellokonzert h-moll, das Violinkonzert a-moll, seine Oratorien, zahlreiche Kammermusikwerke, die sechzehn Slawischen Tänze für Orchester sowie die Oper Rusalka. Das unmittelbarste Lebenselement von Antonin Dvoráks schöpferischer Phantasie ist das Orchester. Obwohl nun seine 6. Symphonie nicht zu den bekanntesten zählt, zeigt jeder Takt dieses Werkes den Komponisten in seiner vollen Reife.

Bei einem 1879 in Wien stattfindenden Konzert Dvoráks äußerte der Kapellmeister der Wiener Philharmoniker, Hans Richter, den Wunsch, Dvorák möge für sein Orchester eine neue Symphonie schreiben. Dvorák begann im August 1880 mit der Niederschrift der Skizzen und bereits am 15. Oktober lag die Partitur vollständig vor. Die Symphonie ist Hans Richter gewidmet und wurde am 25. März 1881 durch das Orchester des Tschechischen Theaters uraufgeführt. Sie war im Nachfolgenden Dvoráks erste Symphonie, die der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde, und trug maßgeblich zu seinen steigenden Auslandserfolgen bei.

1. Satz Es scheint, als ob im ersten Satz der Symphonie in D-Dur das Bild einer besonnten böhmischen Landschaft aufgeht, in der alles blüht, duftet und heiter ist. Die sangvolle und ausdrucksstarke Melodie der Themen, die rhythmische Frische, die harmonische Vielfalt und der bunte Wechsel der Stimmungen von zartem Geflüster bis hin zu großen dynamischen Höhepunkten erklingen im vollen Licht tschechischen Fühlens und Lebens.

Die drei Grundthemen und die bedeutsamen Übergangsgedanken sind trotz ihrer scharfen stimmungsmäßigen Kontrastierung allesamt von freudigem Charakter, so dass es dem Satz weder an Lebendigkeit noch an gegensätzlichen Färbungen mangelt.

2. Satz Im warmen Licht des Gesamtwerkes stellt sich der zweite Satz als ein in gelöster Sehnsucht schwelgendes Nocturnodar. Es liegt beim Hören dieses Satzes nahe, an das herzinnige Glück und die Leidenschaft zweier schlichter Menschen zu denken, die in liebevoller Gemeinsamkeit ihren Gefühlen füreinander Ausdruck geben, während dann und wann aus der Ferne der gedämpfte Klang einer Dorfmusik herüberdringt (Poco più mosso).

Die Form ist die eines dreiteiligen Rondos (Schema: ABACABA). Im Aufbau zeigt es Beethovensche Breite und Ausdrucksfülle, im Ausdruck slawische Weichheit und Gefühlswärme.

3. Satz Der Scherzosatz stellt insofern eine Besonderheit dar, als er zum ersten Mal in einem symphonischen Gebilde überhaupt von einer Stilisierung des typischen tschechischen Tanzes Furiant gebildet wird. Durch die Aufnahme dieses Tanztypus findet die stilmäßige Einheit des heimatverbundenen Werkes eine schöne Bestätigung.

Das Wort „furiant“ bezeichnet im Tschechischen einen Bauernburschen, der in allen Lebenslagen selbstbewusst seinen Mann steht, unbeugsam in seinem Standesstolz auch jeder Obrigkeit gegenüber, also einen im Milieu des begüterten tschechischen Bauerntums einstmals recht verbreiteten Menschenschlag. Davon erhielt der Dorftanz Furiant seinen Namen, ein hurtig bewegter Tanz mit wechselnder Taktart und scharfen, höchst bezeichnenden Akzentverteilungen.

Das Trio (Poco meno mosso) mit seiner plötzlichen Ruhe, dem gemächlichen Rhythmus und den langgezogenen Melodien kontrastiert eindrucksvoll mit den beiden Eckteilen, die von munteren, ausdrucksvollen, zweizeitigen und dreizeitigen heftigen Rhythmen geprägt sind.

4. Satz Die Krone der freudvollen Stimmung setzt der Symphonie ihr letzter Satz auf, der nicht allein in seinen Themen, sondern auch in deren Verarbeitung, in den übermütigen Imitationen und seinen kontrapunktischen Fügungen herzhaftes Lachen, munteres Tollen und freudiger Gesang ist. Er endet in feierlich gesteigertem Ausdruck und glanzvollem orchestralen Klang.

Der Schlusssatz wie auch das ganze Werk zeigen, dass besonders Dvoráks Symphonien mit ihrer von Werk zu Werk steigenden Schönheit des musikalischen Gehaltes, mit ihrer wachsenden persönlichen Eigenart und dem immer ausgeprägteren nationalen Gefühl Antonin Dvorák den bedeutendsten Symphonikern der Weltmusik zugestellt haben. Zugleich sind sie die Grundbausteine seiner überragenden Bedeutung für das tschechische Musikschaffen überhaupt. Denn es steht ganz außer Frage, dass Antonin Dvorák der eigentliche Begründer der tschechischen Symphonie und für lange Zeit auch ihr Vollender ist.

Kirsti Mehling, Januar 2011

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[expand title=“Solist: Alexander Schindler„]

schindlerAlexander Schindler, 1983 in Managua (Nicaragua) geboren, begann im Alter von 3 Jahren mit Violinunterricht und erhielt vom 6. Lebensjahr an seinen ersten Klavierunterricht bei Brigitte Harder in Göttingen. Im Sommer 1999 wechselte er zu Christiane Breuer. Im Jahr 2000 bekam er, zusammen mit seiner Duopartnerin Lisa-Sophie Breuer, einen ersten Preis beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Wertung „Klavier vierhändig“ in Hannover.

2001 wechselte er zum Jazz-Klavier über, wo er die ersten Jahre vom Göttinger Jazzpianisten Karsten von Lüpke unterrichtet wurde. Seit 2003 wird er von Christoph Buße, einem der derzeit renommiertesten Jazzpianisten Deutschlands, betreut.

Alexander Schindler war Mitglied der Big Band „Jazzaholics“ des Otto-Hahn-Gymnasiums Göttingen, mit der er im September 2004 beim Jazz-Festival im Deutschen Theater Göttingen auftrat und eine CD aufnahm. Er ist zudem Pianist der Jazzformation „Hawthorn Quartett“ sowie Keyboarder der Göttinger Reggae-Band „Tora Bora Allstars“, mit der er bereits in mehreren Bundesländern aufgetreten ist.

Alexander Schindler studiert Germanistik und Anglistik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Neben seinem Studium tritt er regelmäßig bei diversen Veranstaltungen als Pianist auf.

Nach der Aufführung eines Tangostücks für Streichorchester und Soloklavier des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla im Sommer 2003 ist das heutige Konzert die zweite Zusammenarbeit mit der Akademischen OrchesterVereinigung Göttingen. (Juni 2006)

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Juni 2006

[expand title=“Leonard Bernstein – Symphonic Dances from the West Side Story“]

Satzbezeichnung
  • Prologue
  • Somewhere
  • Scherzo
  • Mambo
  • Cha-Cha
  • Meeting scene
  • Cool
  • Fugue
  • Rumble
  • Finale

Leonard Bernstein – Komponist? Pianist? Dirigent? „Recording Artist“? Musikpädagoge?

Seine Schwester Shirley sagte 1967: „Wenn Lenny ins Zimmer tritt, ändert sich die Temperatur. Er verändert das Klima.“ Zeitgenoßen schildern ihn als äußerst vielseitig begabten, sehr intelligenten, charismatischen, kontaktfreudigen und empfindsamen Menschen.

Tatsächlich schrieb der in Lawrence, Massachusetts, USA geborene Leonard Bernstein (1918-1990) neben Symphonien, Musicals, Musikkomödien, Balletten und Opern, Orchestersuiten, Solokonzerte, Chorwerke sowie Kammer-, Film- und Klaviermusiken.

Er begann das Klavierspiel im Alter von 10 Jahren und nahm 1935 ein Klavierstudium an der Harvard University auf, wo er zusätzlich Kurse in Philosophie, Ästhetik, Literatur und Sprachwißenschaften besuchte. Im Curtis Institute Philadelphia studierte er Dirigieren bei Fritz Reiner, bevor er 1943 Aßistenzdirigent der New Yorker Philharmoniker wurde.

Mit nur 25 Jahren wurde er über Nacht berühmt, als er kurzfristig für Bruno Walter bei einem Radiokonzert mit den New Yorker Philharmonikern einsprang. Bernstein war später Chefdirigent der New Yorker Philharmoniker, dirigierte u. a. das Israelische Philharmonische Orchester sowie die Wiener Symphoniker und leitete die Festival-Orchester in Tanglewood, Schleswig-Holstein und Sopporo. Als Dirigent und Interpret nahm er mehr als 300 Alben auf. Er hielt Vorträge an Universitäten sowie im Rahmen von Fernsehsendungen und schrieb Bücher über das Wesen der Musik.

„Warum schreiben Sie nicht mal eine nette Gershwin-Melodie?“ ist der Titel des 3. Kapitels aus Bernsteins „Freude an der Musik“. In einem erdachten Gespräch mit seinem Manager lässt er ihn sagen: „Sie sollten sich George zum Vorbild nehmen. […] Er schrieb Melodien, einfach und schlicht, zu Dutzenden. Melodien, an die man sich erinnerte und die einem nicht aus dem Kopf wollten. Er schrieb für die Leute und nicht für die Kritiker. Sie müßen lernen, einfach zu sein, mein Junge.“ Hierauf antwortete Bernstein: „[…] Man müße sich nur in den Geisteszustand eines Idioten versetzen und irgendeine blödsinnige Hillbilly-Melodie verfaßen. […]“ Aber das wollte ihm nicht gelingen, da er „schon eine Symphonie geschrieben [hatte], ehe er je an Schlager dachte.“Dabei würde er sich so glücklich schätzen, „auch nur einmal jemanden zufällig eine seiner Melodien pfeifen zu hören.“

Das sollte sich 1957 ändern: der Uraufführung seines von Shakespeares „Romeo und Julia“ inspirierten Musicals „West Side Story“ in Washington D. C. folgten 772 Broadway-Aufführungen innerhalb von zwei Jahren. Komponiert von Februar bis August 1957 unter Verwendung der Gesangstexte von J. Robbins und des Buches von A. Laurents, enthält das Werk Lieder, die bis heute bei hoher musikalischer Güte nicht an Popularität verloren haben.

Die beiden rivalisierenden jugendlichen Banden der New Yorker West Side, die US-amerikanischen „Jets“ und die puertoricanischen „Sharks“, werden mit Hilfe nord- bzw. lateinamerikanischer Tanzrhythmen cha¬rak¬terisiert. Der Kampf gegen einander und gegen die sie vernach¬läßigende, sozial hierarchisch geordnete, autoritäre Welt der verständnislosen Erwachsenen sowie die Grenzen überschreitende, tragisch endende Liebe zwischen der puertoricanischen Maria und dem „Jet“-nahen Tony werden in einer Verschmelzung von symphonischen wie jazz¬nahen Klängen, poetischer Lyrik, Straßenjargon und Tanz beschrieben.

1961 wurde das Musical verfilmt und mit 10 Oscars gewürdigt.

S. Ramin und I. Kostal, die die Orchestrierung für den Film übernommen hatten, halfen Bernstein im selben Jahr, Teile der „West Side Story“ in die „Symphonischen Tänze“ zu übertragen. In einer neuen, ununterbrochenen Sequenz auf Basis einer eher musikalischen denn inhaltlichen Ratio werden zunächst die Bandenrivalität im Prologue sowie die Träume nach Freundschaft, Friede und Harmonie in Somewhere und im Scherzo dargestellt. Es folgen die mitreißenden Rhythmen des Mambo während des kompetitiven Tanzes zwischen den Gangs und der Cha-Cha, bei dem sich Maria und Tony das erste Mal sehen. Ihr erster Wortwechsel wird in der Meeting Scene von zarten Streicherklängen umrahmt, bevor sich die Jets in Cool / Fugue im Zähmen ihrer Feindseligkeit versuchen. Der anschließende Rumble symbolisiert den Bandenkampf, in dem beide Anführer getötet werden. Die Musik steigert sich unaufhaltsam bis zum Höhepunkt, dem sich eine Flötenkadenz anschließt, die in das Finale überleitet. In tragischer Realität wird nach Marias „I have a love“ die Vision von „Somewhere“ erneut herauf beschworen. Der Zuhörer wird entlaßen mit dem Gefühl des Unerfüllten und dem Zweifel am Glück des irdischen Lebens.

Kerstin Paschke, Juni 2006

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[expand title=“George Geshwin – Rhapsody in blue“]

„Ich höre sie als eine Art musikalischen Kaleidoskops von Amerika, unseres riesigen Schmelztiegels, unseres unnachahmlichen nationalen Elans, unseres großstädtischen Wahnsinns.“ George Gershwin

Am 3. Januar 1924 überraschte George Gershwins Bruder Ira ihn mit einer Zeitungsmeldung aus der New York Herald Tribune, in der für den 12.  Februar ein Konzert angekündigt worden war und für das er, George, ein Jazzkonzert schreiben würde.

Paul Whiteman, Initiator der Veranstaltung, hatte schnell handeln müßen um einem anderen Dirigenten, der ein ähnliches Konzert parallel geplant hatte, zuvor zu kommen. Schon früher hatte Whiteman George vorgeschlagen für ihn ein großes Konzertstück zu komponieren. Dieser hatte den Wunsch allerdings immer wieder hinausgeschoben. Nun sah er sich vor vollendete Tatsachen gestellt. Whiteman wollte eine Musik komponiert haben, in der die so genannte popular music aus Gershwins Songs und Musical-Comedies ausgeweitert, symphonisch gerahmt und doch so weit an die klaßische Musik angenähert werde, daß es auf Whitemans Lieblingßtichwort “ Symphonischer Jazz“ zutraf.

Gershwin geriet unter enormen Zeitdruck. Die Grundstruktur des neuen Stückes war jedoch schnell entwickelt, und am 25. Januar vollendete Gershwin seine Arbeit. Er hatte den Klavierpart und den Orchesterpart als Klavierauszug angefertigt, die Orchestrierung wurde in die Hände Ferde Grofés gegeben, dem Komponisten der auch heute Abend erklingenden Grand Canyon Suite.

Die beiden wurden über die gemeinsame Arbeit an der Rhapsody in Blue enge Freunde. Auch Ira Gershwin steuerte einige wertvolle Beiträge bei, so z.B. die Anregung für den langsamen Blues-Mittelteil. Er war es auch, der den endgültigen Titel des Werks formulierte. Ursprünglich schwebte Gershwin der Titel American Rhapsody vor. Der zweite Teil des Titels der Rhapsody in Blue geht nicht, wie nahe zu liegen scheint, auf den Begriff Blues und die dafür charakteristischen blue notes zurück, sondern hat den Ursprung in Gemälden des amerikanischen Impreßionisten James Whistler, deßen Außtellung Ira Gershwin besucht und Gemälde mit den Titeln Nocturne In Blue And Green und Harmony In Grey And Green entdeckt hatte.

Während der Probenzeit mit Paul Whiteman und seiner Band entstand auch das von dem Klarinettisten Roß Gorman als Scherz gemeinte und einfach eingefügte, mittlerweile berühmt gewordene Klarinetten-Glißando am Anfang. Gershwin hatte eigentlich an einen schnellen Lauf mit siebzehn Tönen gedacht, diese Idee dann aber zu Gunsten des Vorschlags Gormans verworfen.

Die Uraufführung der Rhapsody in Blue wurde ein voller Erfolg. Elektrisierend wirkte das neuartige Stück auf die Zuhörer: ein genuines Produkt amerikanischen Temperaments und Geistes. Man kann sagen, daß das von Whiteman so groß angekündigte Projekt ohne die Beteiligung Gershwins in komplette Vergeßenheit geraten wäre, denn die übrigen Programmpunkte erwiesen sich letztendlich als völlig bedeutungslos.

Die Rhapsody in Blue ist eine auf motivisch-thematischen Gestalten beruhende Komposition. Musikalische Einzelheiten werden hier zu einem Gesamtkomplex verschmolzen. Sie steht damit im klaren Gegensatz zu den traditionellen Formmustern, denn sie hat die Möglichkeit der Lockerung des formalen Gefüges.

Der langsame Teil in E-Dur fungiert als Mittelstück des Werkes und dient gewißermaßen als Ruhepunkt, der, bevor sich die Rhapsody in Blue dem Ende nähert, die Ruhe vor und quasi auch nach dem Sturm bezeichnet. Gershwin geht von der Zweiheit der Besetzung (2 Klaviere oder Klavier und Orchester) aus, d. h. er verteilt die thematischen Gestalten fast gleichmäßig auf beide Partner, sozusagen eine gleichberechtigte Partnerschaft. Das Stück hat keine Grundtonart, und somit gibt es auch kein hierarchisches Bezugsgefüge. Einzig und allein der große Rahmen, der gespannt wird durch die Tonarten B-Dur und Es-Dur (die Mitte des Stückes verfügt über diverse andere Tonarten), die beide das Stück sowohl ein- als auch ausleiten, kann schlußendlich doch noch den Eindruck einer allzu lose zusammengefügten Form verdrängen und dem Stück ein „harmonisches“ Ende verleihen.

Alexander Schindler, Juni 2006

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[expand title=“Ferdinand Grofe – Grand Canyon Suite“]

liegt nicht vor…

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[expand title=“Solist: Alexander Schindler„]

schindlerAlexander Schindler, 1983 in Managua (Nicaragua) geboren, begann im Alter von 3 Jahren mit Violinunterricht und erhielt vom 6. Lebensjahr an seinen ersten Klavierunterricht bei Brigitte Harder in Göttingen. Im Sommer 1999 wechselte er zu Christiane Breuer. Im Jahr 2000 bekam er, zusammen mit seiner Duopartnerin Lisa-Sophie Breuer, einen ersten Preis beim Landeswettbewerb „Jugend musiziert“ in der Wertung „Klavier vierhändig“ in Hannover.

2001 wechselte er zum Jazz-Klavier über, wo er die ersten Jahre vom Göttinger Jazzpianisten Karsten von Lüpke unterrichtet wurde. Seit 2003 wird er von Christoph Buße, einem der derzeit renommiertesten Jazzpianisten Deutschlands, betreut.

Alexander Schindler war Mitglied der Big Band „Jazzaholics“ des Otto-Hahn-Gymnasiums Göttingen, mit der er im September 2004 beim Jazz-Festival im Deutschen Theater Göttingen auftrat und eine CD aufnahm. Er ist zudem Pianist der Jazzformation „Hawthorn Quartett“ sowie Keyboarder der Göttinger Reggae-Band „Tora Bora Allstars“, mit der er bereits in mehreren Bundesländern aufgetreten ist.

Alexander Schindler studiert Germanistik und Anglistik an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg. Neben seinem Studium tritt er regelmäßig bei diversen Veranstaltungen als Pianist auf.

Nach der Aufführung eines Tangostücks für Streichorchester und Soloklavier des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla im Sommer 2003 ist das heutige Konzert die zweite Zusammenarbeit mit der Akademischen OrchesterVereinigung Göttingen. (Juni 2006)

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