Schlagwort-Archive: Peter Tschaikowsky

Semesterkonzerte Januar 2023

Wir freuen uns sehr, Sie im Januar zu unseren Semesterkonzerten im Wintersemester 2022/23 einlade zu dürfen. Zu Beginn des Konzerts spielen wir etwas, das man nicht alle Tage hört: ein Hornkonzert. Der Geburtsort Reinhold Glières war Kiew in der heutigen Ukraine. Geschrieben hat er das Hornkonzert für Valery Polekh, Hornist im Bolschoi Theater. Wir bringen dieses neoklassizistische Stück mit romantischem Einfluss nach Göttingen, um Ihnen die Virtuosität des modernen Hornes, das erst im frühen 19. Jahrhundert durch das Hinzufügen von Ventilen zum Soloinstrument wurde, zu eröffnen. Als Soloist hören Sie Ivo Dudler, den Solohornisten der NDR Radiophilharmonie Hannover.

Tschaikowski fordert in der zweiten Hälfte des Konzerts vollen Streicherklang und eine große Bläserbesetzung – wir freuen uns, beides unserem Publikum dieses Semester wieder bieten zu können! Es erwarten Sie ein wogendes „Schicksalsthema“, ein liedhaftes Andante und eine Pizzicato-Studie mit Volksfest-Einlage. Abwechslungsreich und intensiv geht es durch die vierzig Minuten der 4. Sinfonie.

Samstag 28.01.2023 um 19:30 Uhr und
Sonntag 29.01.2023 um 18:00 Uhr

Aula am Wilhelmsplatz, Wilhelmsplatz 1, 37073 Göttingen

Tickets jetzt im Vorverkauf online, in der Tourist-Information Göttingen oder an der Abendkasse.

Semesterkonzert Juli 2022

Endlich ist es wieder so weit: In voller Besetzung spielt die AOV ein abwechslungsreiches Sommerkonzert. Inspiriert von tschechischen Tänzen und der Idylle des einfachen Hirtenlebens, nimmt Antonín Dvořáks Tschechische Suite die Zuhörenden mit auf eine Reise zu romantischen Klängen, lustigen Tänzen und einem furiosen Abschluss.
Sergei Prokofjews 1. Symphonie ist hingegen im klassischen Stil geschrieben, nach dem Vorbild Joseph Haydns. Jedoch verwendet der Komponist dabei mit einem Augenzwinkern ungewöhnliche Wendungen und Themeneinsätze, die in der Wiener Klassik noch nicht denkbar waren. Ein klassisches Stück, das durch seine spritzige Farbe besticht.
Das Doppelkonzert für Violine und Violoncello (David und Alexandre Castro-Balbi) in a-Moll ist das letzte Orchesterwerk von Johannes Brahms, und ein Versöhnungswerk, mit dem er seine Freundschaft zum Geiger Joseph Joachim wieder aufleben ließ. Ausdrucksvolle Monologe der Solisten, dramatische Höhepunkte des Orchesters und eine dunkle und sinnliche Klangfarbe machen dieses Werk zu einem ganz besonderen symphonischen Erlebnis.

Samstag 02.07.2022 um 19:30 Uhr und
Sonntag 03.07.2022 um 18:00 Uhr

Aula am Wilhelmsplatz, Wilhelmsplatz 1, 37073 Göttingen

Tickets jetzt bei Reservix sichern: Online und in allen Vorverkaufsstellen.

Februar 2012

[expand title=“Peter Tschaikowsky – Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23″]

Peter Tschaikowsky, 1840 in Wotkinsk in eine eher musikferne Familie geboren, gilt heute als einer der bedeutendsten russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Obwohl er seit seiner Kindheit durchgängig Klavier- unterricht genommen hatte, begann er sein Musikstudium erst nach Abbruch einer Beamtenlaufbahn. Tschaikowsky studierte zunächst am Petersburger Konservatorium, später am Konservatorium in Moskau, an dem er von 1866 bis 1878 auch als Lehrer für Musiktheorie tätig war. In diesen Moskauer Jahren entstanden seine ersten bekannteren Komposi- tionen, wie beispielsweise die Ouvertüre Romeo und Julia, welche die AOV im vergangenen Semester aufgeführt hat.
Durch die finanzielle Unterstützung der Kunstmäzenin Nadeschda von Meck, mit der ihn eine enge Brieffreundschaft verband, konnte Tschai- kowsky in seinen späteren Lebensjahren als freischaffender Komponist und Dirigent in Russland und im europäischen Ausland arbeiten, bevor er im Jahr 1893 überraschend in Sankt Petersburg verstarb.
Mit seinen Werken, in denen ein ursprünglicher, russischer Charakter mit westlichen Einflüssen zu einer europäischen Musiksprache des 19. Jahr- hunderts verschmilzt, errang Tschaikowsky Weltruhm, insbesondere auch mit seinem Klavierkonzert Nr. 1 op. 23 in b-Moll.
Dieses entstand 1874/75 in den Moskauer Jahren Tschaikowskys. Die Begleitumstände der ersten Schritte des später hoch geschätzten Werkes mögen auch heute noch erheitern: Tschaikowsky widmete das Konzert ursprünglich seinem Freund Nikolaj Rubinstein, der sich jedoch weigerte, das Werk zur Uraufführung zu bringen, da er es als wertlos, völlig unspiel- bar und als armselig komponiert erachtete. Also widmete Tschaikowsky sein Stück nun dem angesehenen Pianisten Hans von Bülow, der am 25. Oktober 1875 die Uraufführung spielte. Seinen wahren Erfolg und internationalen Durchbruch erlebte Tschaikowskys Klavierkonzert jedoch erst drei Jahre später in Paris – in der Interpretation eben jenes Rubinsteins, der seine Meinung zwischenzeitlich geändert hatte. Nach einem legendären Siegeszug gehört das Werk heute zu einem der am häufigsten aufgeführten und auf Tonträgern eingespielten Klavierkonzerte überhaupt.

Der Introduktion, einem Kopfsatz mit einer mitreißenden und eingängigen Melodie, verdankt das Konzert einen Großteil seiner Popularität. Hierbei handelt es sich um eine ursprünglich ukrainische Volksmelodie, die im Folgenden instrumental aufbereitet wird. In diesem Satz, der in b-Moll geschrieben wurde, finden sich neben einer effektvollen klangreichen Fassade auch viele Momente zarter Emotionen, was dem Werk seinen unverwechselbaren Charme verleiht.
Der zweite Satz in Des-Dur hat eher den Charakter eines Intermezzos. Im Mittelteil findet sich das phantasievoll gearbeitete Zitat des in jener Zeit populären französischen Chansons „Il faut s’amuser, danser et rire“ („Man muss sich vergnügen, tanzen und lachen“).
Der dritte Satz ist als formal übersichtliches Rondo gestaltet, innerhalb dessen Tschaikowsky wieder mit einigen temperamentvollen Tanzmelo- dien auf Elemente der ukrainischen Folklore zurückgreift. So schlägt er elegant einen Bogen zum ersten Satz des Klavierkonzertes.
Heutzutage wird der dritte Satz aufgrund seiner übermäßigen Länge meistens nicht in seiner Vollständigkeit gespielt, sondern in einer verkürz- ten Version, die auf den Pianisten Alexander Siloti zurückgeht.

Kirsti Mehling, Februar 2012

[/expand]

[expand title=“Gustav Mahler – Symphonie Nr. 5″]

Gustav Mahler (1860-1911) war einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit. Er komponierte eigentlich nur in seiner Freizeit; die meisten seiner Werke sind Orchesterwerke und Lieder.
Die 5. Sinfonie leitet Mahlers mittlere Schaffensphase ein. Mit der Kompo- sition begann er im Sommer 1901 in seiner Villa am Wörthersee, und zu- nächst wollte er den klassischen viersätzigen Stil einhalten. Im Winter desselben Jahres lernte er allerdings Alma Schindler kennen, die er kurz darauf auch heiratete. Wahrscheinlich aus diesem Grunde fügte er zwischen dem dritten und (ursprünglich) vierten Satz als „Liebeserklä- rung“ das Adagietto ein, sodass die Sinfonie heute fünf Sätze hat. Obwohl häufig die Tonart cis-Moll angegeben ist (die Tonart des ersten Satzes), hat doch jeder Satz eine eigene Tonart, weshalb Mahler gerne ganz auf die Tonartbezeichnung verzichten wollte. Im Sommer 1902 beendete der Komponist seine Arbeit an der Sinfonie, und sie wurde am 18. Oktober 1904 in Köln unter seiner Leitung aufgeführt. Noch bis zu seinem Tod hat er Änderungen an der Partitur vorgenommen.
Da Gustav Mahler eigentlich Dirigent war, hat er in seinen Werken sehr detaillierte Ausführungsanweisungen gegeben: So finden sich in der Parti- tur Kommentare wie: „Anmerkung für den Dirigenten: Geigen stets so vehement als möglich!“
Mahler hat die Sinfonie in drei „Abteilungen“ gegliedert: der sehr lange dritte Satz steht für sich allein, während der erste und zweite sowie der vierte und fünfte Satz jeweils zusammengefasst sind. Zwischen den Abteilungen hat der Komponist jeweils eine mehrminütige Pause vorgesehen.

Der erste Satz der Sinfonie trägt die Bezeichnung Trauermarsch (In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt). Er beginnt mit einer Trompetenfanfare, die zunächst das berühmte Motiv aus Beethovens 5. Sinfonie imitiert. Dem leidenschaftlicheren Mittelteil folgt eine Coda in Anlehnung an den Anfang, die wiederum das Beethoven-Motiv aufgreift. Der zweite Satz, eigentlich Hauptsatz der Sinfonie, verwendet themati- sches Material des ersten Satzes und schließt damit die erste Abteilung der Sinfonie.
Es folgt ein recht flottes Scherzo mit Solo-Horn. Dieser Satz bildet für sich allein die zweite Abteilung. Mahler gibt hier an mehreren Stellen den Klarinetten die Anweisung, die „Schalltrichter in die Höhe“ zu halten – ein weiteres Beispiel für die ausführlichen Anweisungen des Komponisten.

Die letzte Abteilung beginnt dann mit dem berühmten Adagietto, welches auch in dem Film „Tod in Venedig“ (1971) von Luchino Visconti verwendet wurde. Es folgt ohne Pause das Rondo–Finale, in dem Mahler den ba- rocken Kontrapunkt benutzt, eine Kompositionsform, bei der mehrere Themen gleichzeitig erklingen.

Gisela Grohne, Februar 2012

[/expand]

[expand title=“Solistin: Hisako Kawamura“]

kawamuraHisako Kawamura wurde in Nishinomiya (Japan) geboren und bekam ihren ersten Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren bei Kyoko Sawano.

Zu ihren Mentoren gehö- ren Malgorzata Bator-Schreiber in Göttin- gen, die sie musikalisch und künstlerisch aufbaute, und Prof. Vladimir Krainev,

der sie zu einer musikalischen Persönlichkeit formte.
Nach zahlreichen herausragenden Erfolgen bei internationalen Klavierwettbewerben begann Kawamuras internationale Konzerttätigkeit. Sie gewann u. a. den Concours Clara Haskil in Vevey, den Concorso G. B. Viotti in Vercelli, den Concorso A. Casagrande in Terni, den Chopin-Wettbewerb Darmstadt und wurde Preisträgerin des Concours Géza Anda in Zürich, des Internationalen Musiwettbewerbs der ARD in München und des Concours Reine Elisabeth in Brüssel.
Sie konzertierte mit internationalen Orchestern (u.a. dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Wiener Symphoniker, Berner Symphonieorchester, St. Petersburg Philharmonic Orchestra, Tokyo Philharmonic Orchestra, Japan Philharmonic Orchestra) und arbeitete mit Dirigenten wie Alexander Dmitriev, Vladimir Fedosseyev, Theodor Guschlbauer, Junichi Hirokami, Taijiro Iimori, Eliahu Inbal, Marek Janowski, Kenichiro Kobayashi, Kazuhiro Koizumi, Fabio Luisi, Erwin Lukac und Tatsuya Shimono zusammen.
Im Oktober 2011 trat sie als Solistin mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Marek Janowski auf dessen Japan-Tournee auf.

Außerdem ist für Juni 2012 eine Tournee mit dem Russian National Orchestra unter der Leitung von Mikhail Pletnev geplant.
Im 2009 erschien ihre Debüt-CD mit dem Titel Hisako Kawamura plays Chopin bei RCA Red Seal.

Im Herbst 2011 folgte die zweite Aufnahme bei dem gleichen Label, mit Werken von Schumann und Chopin, welche begeisterte Stimmen von der Presse bekam.

1986 – 1998 Klavierunterricht bei K. Sawano-Krall in Düsseldorf und M. Bator-Schreiber in Göttingen
seit 1998 Studentin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover in der Klasse von Prof. V. Krainev
1994, 1996 1. Bundespreise bei „Jugend musiziert“
1995 – 1996 Preisträgerin von mehreren internationalen Wettbewerben wie z. B. in Senigallia/Italien, Ettlingen/Deutschland
1998 1. Preis und Spezialpreis für die beste Interpretation des spanischen Werkes in Carlet (Valencia)/Spanien
1999 1. Preis und Publikumspreis beim Europäischen Chopin-Wettbewerb in Darmstadt/Deutschland
2001 1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb „G. B. Viotti“ in Vercelli/Italien
2002 5. Preis und Sonderpreis für die beste Interpretation des chinesischen Werkes beim 1. China Shangai International Youth Piano Competion
1994 2. Preis und alle 4 Sonderpreise (Sonderpreis für die beste Interpretation des französischen Pflichtwerkes (G. Connesson), Publikumspreis, Preis der Musikzeitschrift „Classica“ und Preis des Fernsehsenders TV 2) bei Piano Campus in Cergy-Pontoise/Frankreich
1996 IBACH-FörderpreisWettbewerbsstipendium der Chopin-Gesellschaft Hannover
1999 Förderpreis beim Internationalen Musikfestival in Dietzenbach/Deutschland
seit 1995 Klavierabende, Konzerte mit Orchestern und kammermusikalische Tätigkeit in verschiedenen Städten Deutschlands, Österreichs, Frankreichs, Hollands, Italiens, Polens, Tschechiens, Zyperns und Japans
1996 Rundfunkaufnahme beim Norddeutschen Rundfunk

 

(Juni 2002)

[/expand]

Juni 2011

[xspf]_start(‚2011 SS‘);[/xspf]
[expand title=“Giacomo Puccini – Preludio Sinfonico A-Dur“]

Nach Giuseppe Verdi ist Giacomo Puccini der wohl größte italienische Opernkomponist des Fin de Siècle. Geboren wird er 1858 in Lucca, Italien, und wächst dort in einer musikalischen Familie auf. Ehrenvoll führt er die Tradition in der Familie fort; schon sein Vater und Großvater waren Komponisten. 1880 geht er an das Mailänder Konservatorium, wo er bei Bazzini und Ponchielli studiert.
Insgesamt 12 Opern beinhaltet das künstlerische Schaffen Puccinis, welches in der Opernwelt nicht mehr wegzudenken ist. Seine letzte Oper, Turandot, hinterlässt er unvollendet – der passionierte Raucher wird 1924 wegen Kehlkopfkrebses in einer Brüsseler Klinik operiert und stirbt dort wenige Tage später.

Das Preludio Sinfonico in A-Dur ist Puccinis zweites Orchesterwerk. Es entstand bereits 1882 während seiner Zeit am Mailänder Konservatorium. Später sollte das rein instrumentale Komponieren keine Rolle mehr für ihn spielen, und auch dieses Werk ist mehr eine(Liebes-)Arie ohne Worte als ein sinfonisches Instrumentalwerk. Dennoch hört man schon sein großes Talent für orchestrale Klangfarben und weit angelegte Melodiebögen. Das für Puccinis Gesangslinien später so typische ausdrucksvolle Innehalten und Vorwärtsdrängen – die sogenannten Rubati – werden hier bereits eindrucksvoll genutzt, um eine Leidenschaftlichkeit und Zerrissenheit zu erzeugen. Der Anfang, vor allem aber das Ende mit seinen sich immer weiter vom tonalen Zentrum entfernenden Akkord(ent)rückungen sind hingegen Ausdruck seiner Auseinandersetzung mit Richard Wagners Kompositionsstil und erinnern entfernt an dessen Lohengrin-Vorspiel.
Im Prinzip findet im Preludio Sinfonico nur die Variation eines einzigen (Arien-)Themas statt. Auch wenn es keinen unmittelbaren Bezug zum Romeo und Julia-Stoff gibt, ist es gerade der changierende, widerstreitende Ausdruck dieses einen, leidenschaftlichen Themas, seine Entrückung gegen Ende und nicht zuletzt sein „typisch italienischer“ Charakter, die dieses Werk zu einer idealen Eröffnung für einen Romeo und Julia-Konzertabend machen.

Vera Weinbrenner, Juni 2011

[/expand]

[expand title=“Peter Tschaikowsky – Romeo und Julia“]

Peter Iljitsch Tschaikowsky (*1840 Wotkinsk/Russland, †1893 St. Petersburg) wird als zweites von sechs Kindern geboren. Es dauert nicht lange, bis die musikalische Empfindsamkeit des Jungen und sein Interesse an der Musik deutlich werden, sodass er von 1845 an Klavierunterricht bekommt. Erst 1861, nachdem er mit zunehmenden Widerwillen vier Jahre im Justizministerium gearbeitet hatte, geht er an das gerade gegründete Petersburger Konservatorium. Hier studiert er Musiktheorie, Formenlehre, Instrumentation und Komposition. Nur fünf Jahre später, von 1866 bis 1878, unterrichtet er schließlich selber Harmonielehre, Instrumentation und freie Komposition am Moskauer Konservatorium.
Angeregt durch den russischen Komponisten Balakirew, dem das Werk auch gewidmet ist, dürfte Tschaikwosky gerade das Konflikthafte des Romeo und Julia-Stoffes gereizt haben: Die Unvereinbarkeit gesellschaftlicher Zwänge und persönlicher Passionen findet sich sowohl hinsichtlich seiner künstlerischen Entwicklung als auch im Hinblick auf sein zeitlebens unglückliches Liebesleben in seiner Biographie wieder.

Tschaikowskys Komposition folgt nicht einem Programm, geschweige denn dem Handlungsstrang des Dramas. Vielmehr greift er einzelne Momente des Stoffes auf und verbindet sie kunstvoll – ganz im Sinne einer Fantasie – zu einem neuen Ganzen.
Das Werk beginnt mit einer ausdrucksvollen langsamen Einleitung. Zwischen sehnsüchtigen Harfen-Klängen Romeos leidenschaftlicher Liebe zu Julia schimmern schon unheimliche Klänge durch, die ein finsteres Schicksal ahnen lassen.
Die sich aufbauende Spannung entlädt sich im Allegrosatz; das prächtige Thema schildert den Streit der verfeindeten Häuser Montague und Capulet. Eine Reihe von kurzen Motiven, aufgeregten 16tel-Läufen und wütenden Akkorden führen einen wilden Kampf miteinander, bis der Lärm schließlich verhallt und Julias rührendes und ruhiges Thema erscheint. In dem folgenden Allegro-Teil werden alle drei Themen kombiniert und in neuer Weise durchgeführt. Unter dumpfen Paukenschlägen erklingen noch einmal Julias zarte Melodie und Romeos Harfen-Klänge, bevor das gesamte Orchester mit Fortissimo-Akkorden den Schluss der sinfonischen Dichtung verkündet.

Die Uraufführung dieser Fantasie-Ouvertüre findet 1870 in Moskau unter der Leitung von Nikolai Rubinstein im Rahmen der Konzerte der Russischen Musikgesellschaft statt. Der Beifall hält sich jedoch in Grenzen und die Kritik führt dazu, dass Tschaikowsky immer wieder Änderungen an seinem Werk vornimmt – erst 1879 erscheint die endgültige Fassung. Trotz des ersten Misserfolges wird Romeo und Julia das erste seiner Stücke, welches auch außerhalb seiner Heimat aufgeführt wird – sehr bald ist es in fast allen europäischen Hauptstädten zu hören.

Vera Weinbrenner, Juni 2011

[/expand]

[expand title=“Serge Prokofieff – Romeo und Julia, Suiten op. 64 und 101 (Auszüge)“]

Mit der bewegenden Geschichte der beiden Liebenden, Romeo und Julia, welche Shakespeare im Jahr 1596 für die Bühne geschrieben hatte, haben sich mehrere Komponisten beschäftigt. Der Ouvertüren-Vertonung von Tschaikowsky stellt die AOV im heutigen Konzert eine Vertonung gegenüber, die ihren Ursprung auf der Bühne hat. Die Ballettmusik von Serge Prokofieff verdeutlicht unter allen Vertonungen für Oper und Konzertsaal wohl am anschaulichsten das dramatische Geschehen. Für konzertante Aufführungen hat Prokofieff daraus, wie bei fast allen seinen Opern und Balletten, Orchestersuiten zusammengestellt. So entstanden schon vor der Premiere des Balletts „Romeo und Julia“ (am 30. Dezember 1938 uraufgeführt in Brünn) in den Jahren 1935/36 seine ersten beiden Orchestersuiten op. 64 a und b, etwa 9 Jahre später die dritte Suite op. 101.

Das Ballett und die Suiten „Romeo und Julia“ gelten als einer der Höhepunkte in Prokofieffs künstlerischem Schaffen. Charakteristisch für ihn sind die reichhaltige und vielfältige Instrumentierung sowie die kompositorische Finesse. Die Auswahl der Sätze aus den drei Suiten für die heutige Aufführung orientiert sich im Wesentlichen an den entscheidenden Momenten, die das Handlungsgeschehen des Dramas – unterbrochen von zwei Tänzen aus der 1. und 3. Suite – verdeutlichen:
Nach der Beschreibung der beiden verfeindeten Familien „Die Montagues und die Capulets“ im ersten Satz hört man bei dem Satz „Julia vor dem Ball“ neben den jugendlich heiteren, musikalischen Elementen auch die Unruhe und ahnungsvolle Schrecken vor der Begegnung mit Paris, der mit Billigung der Eltern auf dem Ball (musikalisch repräsentiert durch das„Menuett“) um ihre Hand anhalten will. Im Satz „Romeo und Julia“ sind musikalische Elemente aus verschiedenen Teilen des Balletts zusammengefasst: Die erste Begegnung auf dem Ball wird verbunden mit der berühmten Balkonszene. Das erste lyrische Liebeserwachen wird von Vorahnungen des nahen Unheils unterbrochen. Die dramatisch turbulenten Gefechtsszenen mit schrillen Dissonanzen in „Tybalts Tod“ erzwingen dramaturgisch „Romeos Abschied von Julia“. In diesem Satz mit schwebenden, berauschenden Klängen wird zum Ende hin in den tiefen Streichern schon ahnungsvoll das Todesthema angespielt, bis sich die melancholische Abschiedsstimmung in Pianissimo-Klängen verliert. Das schmerzvolle Todesthema in„Romeo an Julias Grab“ wird durch mehrere dramatische Variationen geführt und geht unmittelbar in „Julias Tod“, den letzten Satz, über.

Prokofieff gilt heute zu Recht als einer der bedeutendsten Komponisten der Moderne und beeinflusste mit seinem äußerst vielfältigen Werk maßgeblich das Musikschaffen der folgenden Generation. Er wurde am 23. April 1891 im heutigen Krasne in Russland geboren. Bereits früh zeigte der Sohn eines Gutsverwalters eine große musikalische Begabung, die seine Mutter nach Kräften förderte, indem sie ihm erste Unterweisungen im Klavierspielen gab. In den Jahren 1902/03 erhielt Prokofieff zunächst Privatunterricht bei dem Pianisten Reinhold Glière, um später als Dreizehnjähriger eine Ausbildung am St. Petersburger Konservatorium anzuschließen, wo er die Fächer Dirigieren und Klavier studierte. In den Jahren bis 1918 gelang es dem jungen Mann, sich durch zahlreiche Konzertreisen einen internationalen Ruf als brillanter Pianist zu erarbeiten. Gleichzeitig konnte er durch die Veröffentlichung seiner Werke erste Erfolge als Komponist feiern.
In den Wirren der Oktoberrevolution 1918 verließ Prokofieff Russland und wanderte in die USA aus. Allerdings konnte er dort nicht richtig Fuß fassen, so dass er sich 1920 in Frankreich niederließ. In den folgenden Jahren führten ihn zahlreiche Konzertreisen immer wieder in seine alte Heimat, und nach einigen Jahren des Pendelns zwischen Moskau und Paris entschloss er sich, endgültig in die Sowjetunion zurückzukehren, und hielt sich ab 1934 meist in Moskau und Umgebung auf. Hier widmete er sich voll und ganz dem Komponieren und es entstanden viele seiner bedeutendsten Werke. Zugleich war Prokofieff ein sehr engagierter Mitarbeiter an Projekten der offiziellen Kulturpolitik. Trotz seiner nach einem Unfall schlechten gesundheitlichen Verfassung blieb Prokofieff bis zu seinem Tod am 5. März 1953 unermüdlich tätig.

Kirsti Mehling, Juni 2011

[/expand]