Juni 2013

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[expand title=“Bedrich Smetana – Die Moldau“]

„Die Moldau“, die zweite der sechs sinfonischen Dichtungen des Zyklus „Má vlast“ („Mein Vaterland“) von Bedrich (Friedrich) Smetana, ist eine der berühmtesten Kompositionen der Programmmusik. Smetana schrieb das Stück 1874, zehn Jahre vor seinem Tod, bei fast vollständiger Gehörlosigkeit. Zunächst wird am Anfang durch zwei Querflöten das Motiv der Quellen vorgestellt. Sie spielen eine bewegte Melodie, die die Lebendigkeit der Moldau-Quelle und das quirlige Wasser veranschaulichen sollen. Daraufhin setzen die Streichinstrumente mit dem bekannten Hauptthema ein, das die gesamte Schönheit und Kraft des Flusses darstellen soll. Die Noten symbolisieren die fließenden Wellenbewegungen des Wassers. Hauptthema Der folgende Teil beschreibt, wie die Moldau an einem Wald vorbeifließt, in dem eine Jagd stattfindet. Hier treten vor allem die Blechblasinstrumente hervor. Der Hörnerklang erinnert an eine Jagd, während im Hintergrund die Streicher weiterhin das fließende Wasser der Moldau erklingen lassen. Nachdem die Moldau an der Waldjagd vorübergezogen ist, gelangt sie zu einer Bauernhochzeit. Sogleich ändert sich der Rhythmus zu einem tänzerischen Lied, welches an eine Polka erinnert. Im Gegensatz zur Waldjagd stehen nun die Streichinstrumente im Vordergrund, die die bewegte Melodie in einem 2/4-Takt erklingen lassen. Der tänzerische Rhythmus klingt leise aus, bis schließlich die Moldau durch den Mondschein zu fließen scheint. Die Musik ist leise und geheimnisvoll, als wenn im Mondschein die Nymphen im Nebel tanzen würden. Im Folgenden präsentiert sich durch das Hauptthema die Moldau in ihrer gesamten Schönheit als ein großer, breiter Fluss. Das Tempo wird schneller, die Dynamik steigert sich, so dass die Musik das Getöse der Stromschnellen darstellt. Was am Anfang als eine kleine, durch die Gegend sprudelnde Quelle begonnen hat, entwickelt sich schließlich zu einem breiten majestätischen Fluss, der durch die Landschaft an Schlössern und Burgen vorbeizieht. Das Hauptmotiv wird in Variationen gespielt, bis es schließlich in Dur erklingt: Smetana lässt hier den Fluss in der Hauptstadt Prag wiedererkennen. Die Musik soll den Stolz über die Hauptstadt und das Land ausdrücken. Schließlich werden die Klänge der Moldau ruhiger und der Fluss scheint in der Ferne weiterzufließen, während der Betrachter am Ufer stehen bleibt und ihr hinterherschaut. Der Komponist selbst schreibt über sein Werk: „Die Komposition schildert den Lauf der Moldau, angefangen bei den beiden kleinen Quellen, der kalten und der warmen Moldau, über die Vereinigung der beiden Bächlein zu einem Fluss, den Lauf der Moldau durch Wälder und Fluren, durch Landschaften, wo gerade eine Bauernhochzeit gefeiert wird, beim nächtlichen Mondschein tanzen die Nymphen ihren Reigen. Auf den nahen Felsen ragen stolze Burgen, Schlösser und Ruinen empor. Die Moldau wirbelt in den Johannisstromschnellen; im breiten Zug fließt sie weiter gegen Prag, am Vyšehrad vorbei, und in majestätischem Lauf entschwindet sie in der Ferne schließlich in der Elbe.“

Eva Schiwek

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[expand title=“Aaron Copland – Appalachian Spring“]

Aaron Copland wurde am 14. November 1900 in New York City, Brooklyn, als Sohn eines litauischen Einwanderers geboren. Schon frühzeitig wurde Copland von seiner Mutter, welche selbst sang und Klavier spielte, eine musikalische Ausbildung ermöglicht. Er gilt heute für viele als der erste wirklich große amerikanische Komponist. Bezeichnend ist für Coplands Kompositionen die Einbeziehung volksmusikalischer Elemente seiner Heimat. Copland war politisch links orientiert und sympathisierte mit den Arbeiterbewegungen seiner Zeit. Besonders deutlich wird dies in seiner „Fanfare to the common man“ (1942). In den Kompositionen „Billy the Kid“ (1938), „Rodeo“ (1942) und „Appalachian Spring“ (1944) zeichnete er Bilder des Lebens der einfachen Bevölkerung Amerikas. Während er in den 40er Jahren vor allem durch Filmmusik zu Ansehen gelangte, widmete er sich ab den 60er/70er Jahren zunehmend dem Dirigieren und der Einspielung eigener Werke. Aaron Copland starb am 2. Dezember 1990 in North Tarrytown. Das „Ballet for Martha“, wie „Appalachian Spring“ ursprünglich hatte heißen sollen, schrieb Copland im Auftrag der Choreographin und Tänzerin Martha Graham, welche in der Erstaufführung 1944 auch eine der Hauptrollen tanzte. Den heute bekannten Titel des Werkes schlug Graham erst kurz vor der Premiere vor. Er ist einem Gedicht von HartCrane entnommen und hat keinen direkten Bezug zur Balletthandlung, weshalb es Copland später immer wieder amüsierte, wenn Zuhörer von der wunderbaren musikalischen Darstellung des Frühlings in den Appalachen beeindruckt waren. Die Originalbesetzung für das Ballett umfasst ein doppeltes Streich- quartett, Kontrabass, Flöte, Klarinette, Fagott und Klavier. 1945 bearbeitete Copland die Ballettmusik zu der hier aufgeführten Orchestersuite, welche sehr bekannt wurde. Die relativ einfache Handlung erzählt von amerikanischen Pionieren zu Anfang des 19. Jahrhunderts, genauer vom Leben eines frisch vermählten Paares, welches in ein neu errichtetes Farmhaus einzieht und seinen Platz in der Gesellschaft findet. Die Suite ist in 8 Sätze unterteilt: 1. Sehr langsam. Einführung der Darsteller, nacheinander, in vollem Licht. 2. Schnell. / Allegro. Ein plötzlicher Ausbruch der einstimmigen Streicher in A-Dur-Arpeggien eröffnet die Handlung. Eine gehobene und religiöse Stimmung ergibt den Schlüsselausdruck dieser Szene. 3. Mäßig. / Moderato. Duo der Braut und ihres Verlobten, eine gespannte und leidenschaftliche Szene. 4. Ziemlich schnell. Der Erweckungsprediger und seine Herde. Volkstümliches Gefühl, Erinnerungen an Square-Dance und Country- Fiddler. 5. Noch schneller. / Presto. Solotanz der Braut, Vorgefühl der Mutter- schaft. Gegensätze von Freude, Furcht und Staunen. 6. Sehr langsam (wie zu Beginn). Übergangsszene zu einer musika- lischen Reminiszenz an die Einführung. 7. Ruhig und Fließend. / Doppio movimento. Alltagsszenen der Braut und ihres Ehemannes als Farmer. Fünf Variationen über ein Shakerthema (die Shaker waren eine Abspaltung der Quäker, einer Freikir- che). Das Thema wird von der Soloklarinette vorgestellt. Es stammt aus einer Sammlung von Shakermelodien, die Edward D. Andrews zusammengestellt hatte. Copland gelingt es mit der Melodie „Simple Gifts“ und ihrer Verarbeitung in den verschiedenen Besetzungen, die einfache Kultur, die ernste und gütige Frömmigkeit der Quäker darzustellen. Dieser Satz ist der berühmteste aus der Suite. „Simple Gifts“ 8. Mäßig. / Moderato – Coda. Die Braut gesellt sich unter die Nachbarn. Am Ende befindet sich das Paar „ruhig und kräftig in ihrem neuen Haus“. Im Schlussteil wird die gebetsartige Passage des Beginns noch einmal aufgenommen, und so wird die Suite von einfachen Tonsequenzen eingerahmt, welche den Zuhörer in die weite, offene Landschaft im Amerika des 19. Jahrhunderts versetzen.

Katharina Bettin

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[expand title=“Antonin Dvorak – Sinfonie Nr. 8 in G-Dur“]

Antonín Dvorák (1841–1904) schrieb seine 8. Sinfonie im Jahre 1889 auf seinem Sommersitz in Vysoka anlässlich seiner Aufnahme in die Tschechische Kaiser-Franz-Joseph-Akademie. Die sehr erfolgreiche Uraufführung in Prag 1890 machte sie schnell zu einer der populärsten Sinfonien Dvoráks und ließ ihn endgültig aus dem Schatten Johannes Brahms austreten. Im Gegensatz zu Dvoráks wohl bekanntestem Werk, der 9. Sinfonie „Aus der neuen Welt“ schrieb er seine 8. Sinfonie noch in der „alten Welt“, wobei bereits diese aus der traditionellen Form der Sinfonie herausbricht. Die Sinfonie erfreute sich gerade in England größter Beliebtheit, weshalb sie oftmals auch als die „Englische“ bezeichnet wird. Im Gegensatz zu Dvoráks früheren Sinfonien ist die Grundstimmung der 8. fast durchgehend heiter, fröhlich und temperamentvoll. Der für Antonín Dvorák charakteristische Reichtum an melodischen Einfällen wird hier in einer Art rhapsodischer Reihung sinfonisch verarbeitet. Der 1. Satz (Allegro) beginnt mit einer choralartigen Einleitung von Fagott, Klarinette und Violoncello in g-Moll, dieses Thema wird im Laufe des Satzes mehrmals wiederholt. Das eigentliche Hauptthema in G-Dur wird erst später durch die Flöte intoniert, um danach im vollen Orchester zu temperamentvoller Entwicklung gebracht zu werden. Nach der Durchführung und dem Seitenthema erscheint zum dritten Mal das Anfangsthema, diesmal als Höhepunkt in den Trompeten, um die Reprise einzuleiten und den ersten Satz mit einem fast schon finalartigen Schluss zum Ende zu bringen. Den 2. Satz (Adagio) könnte man als Trauermarsch bezeichnen. Er beginnt wie der erste Satz ebenfalls in Moll, er hellt sich jedoch im Verlauf mehr und mehr auf und es kommt zu einem ständigen Wechsel von C-Dur und c-Moll. Das zweite, festlich-hymnische Thema in C-Dur wird schnell von der Solovioline aufgegriffen und bis zum vollen Tutti-Klang des Orchesters weitergeführt. Nach einigen Modulationen, die an Brahms erinnern lassen, steht am Schluss wieder das erste Thema, diesmal komplett in Dur, und lässt den Satz stimmungsvoll ausklingen. Der 3. Satz (Scherzo) ist ein Walzer im 3/8 Takt mit einer weit schwin- genden Melodik. Der Mittelteil des Scherzos, das Trio, ist stark folkloristisch angehaucht und erscheint nach der Wiederholung des Walzers als Coda wieder, diesmal jedoch in einem Zweiertakt. Der Satz erinnert stark an das Allegretto aus der 2. Sinfonie von Johannes Brahms. Das Finale der Sinfonie, der 4. Satz (Allegro ma non troppo), steht in G-Dur. Dvorák verbindet hier geradezu genial die Sonatensatzform mit der Variation. Der Satz beginnt mit einer Trompetenfanfare, die in das erste Thema, gespielt von den Celli, überleitet. Nach der anschließenden Variation dieses Themas erklingt das sehr kontrastreiche Seitenthema. Beide Themen werden nun ineinander verar- beitet und auf dem Höhepunkt durch die Wiederholung der Fanfare in die Reprise übergeleitet. Den Abschluss bildet eine turbulente Coda, die in einem gigantischen Orchestertutti die Sinfonie beendet.

Johannes Köppl

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Januar 2013

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[expand title=“Claude Debussy – La Cathédrale engloutie“]

Denn was einmal begraben ist, / Das kann nicht wiederkommen.

Was Heinrich Heine schreibt, ist richtig in der Realität; Legenden erzählen jedoch, dass versunkene Städte gelegentlich auftauchen – ob es sich um Vineta, Rungholt oder eben Ys handelt. Aufstieg, Prachtentfaltung und dann plötzlicher Untergang, verschlungen von der Wucht und Kraft der Meereswogen, lebendig nur noch in Legenden und Sagen: dieses Motiv hat die Menschen zu allen Zeiten fasziniert.

Ich denk der alten Weise / die uns singt / Von den verlornen Städten

Kein Wunder, dass sich auch die Musik dieses Themas annahm! In „La Cathédrale engloutie“, erschienen 1910 im ersten Heft der „Préludes pour Piano“ und nachträglich durch Henri Busser orchestriert, greift der französische Komponist Claude Debussy die bretonische Legende von der versunkenen Stadt Ys auf, die im 4. oder 5. Jahrhundert wegen der Verkommenheit ihrer Bewohner versenkt wurde. Die Legende erzählt, dass die Stadt bei Sonnenaufgang als Mahnung aus den Fluten auftaucht, um anschließend wieder in den Wogen zu versinken. An klaren, windstillen Tagen sind die Glocken der untergegangenen Kathedrale zu hören. Diese Legende verarbeitet Debussy zu einem Musikstück. Wie soll man dieses unwirkliche Geschehen aber musikalisch zeigen bzw. zum Klingen bringen? Debussy „illustriert“ nicht die Legende mit musikalischen Mitteln, sondern macht gleichsam das Naturereignis des Auftauchens und Versinkens hörbar. Man muss die Legende nicht kennen, um diese Botschaft zu verstehen, und so sagte auch der Komponist selbst: „[…] ich habe eine tiefe Verachtung für Musik, die einem Stück Literatur nachläuft, das man einem vorsorglich beim Betreten des Saals in die Hand drückt. Sie werden also verstehen, welche beschwörende Kraft meine Musik haben muss […]“

Wo aus dem Meeresgrunde klingt / Glockengeläut und Beten

Das Prélude beginnt „profondément calme (dans une brume douce- ment sonore)“, auf Deutsch: „aus tiefer Stille (in einem sanften Klangnebel)“. Gedämpfte Glockenklänge scheinen aus der versunkenen Kathedrale an die Wasseroberfläche zu dringen. Das Aufsteigen der Kathedrale spiegelt sich in der Dynamik der Musik wider. Das Stück entwickelt sich aus dem Pianissimo. Nach einiger Zeit wird die Musik belebter, der Klangnebel beginnt sich zu lichten und das Thema der heraufsteigenden Kathedrale ist im Fortissimo zu hören: Die Kathedrale steigt vom Meeresgrund empor, um im vollen Glanz zu erscheinen: Sogar die Glocken sind deutlich in Form großer Akkorde zu hören (hier ein Ausschnitt aus der Klavierfassung): Es entsteht eine Klangbewegung, die auf einen Höhepunkt hin angelegt ist. Danach versinkt die Kathedrale wieder im Meer. Die Glocken verstummen in den Tiefen des Wassers, bevor das Stück in jenem „sanften Klangnebel“ verklingt, in dem es begonnen hat. Aus der Stille steigt der Klang empor und mündet wieder in Stille ein. Wir sind Zeugen des geheimnisvollen Auftauchens einer versunkenen Kathedrale geworden. Mir wird das Herz so bang und schwer „La Cathédrale engloutie“ fängt das Atmosphärische ein, die Stim- mung, die die Legende umgibt; der kurze Augenblick des Auftauchens der Kathedrale und ihr anschließendes Verschwinden weisen den Menschen auf seine Vergänglichkeit hin, aber auch auf die Weite und Tiefe seiner transzendenten Bezüge. Die Spannung zwischen Vergänglichkeit und Transzendenz wird erzeugt durch geheimnisvoll ineinanderfließende Schwebetöne, die das mysteriöse Aufsteigen und Sinken der Kathedrale hören und fühlen lassen. Damit folgt das Werk dem Credo seines Erschaffers: „Erhalten wir uns um jeden Preis diese geheimnisvolle magische Kraft der Musik.“

Kirsten Liebke

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[expand title=“Sergei Rachmaninoff – Die Toteninsel op. 29″]

In der Zeit von 1880 bis 1886 malte der schweizer Maler Arnold Böcklin (1827–1901) insgesamt fünf Versionen der „Toteninsel“. Die dritte, aus dem Jahr 1883, erfreute sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland großer Beliebtheit. Es gibt einige Werke in Literatur und Musik, die von diesem Gemälde inspiriert wurden. Das wohl bekannteste ist die sinfonische Dichtung op. 29 mit demselben Titel von Sergei Rachmaninoff. Der russische Komponist (1873– 1943) sah einen Schwarz-Weiß-Druck des Bildes, als er 1907 zu Gast in Paris war. Während seines Aufenthalts in Dresden stellte er 1909 das Werk fertig und es wurde im selben Jahr unter seinem eigenen Dirigat in Moskau uraufgeführt. Das Stück beginnt im 5/8-Takt und imitiert auf diese Weise die Ruderzüge Charons, des Fährmanns, der nach der griechischen Mythologie die Toten in die Unterwelt bringt und im Gemälde das Boot steuert. Auf dem weiten Weg zur Insel erinnert die Musik immer wieder daran, wie schön das Leben war; sie versucht gar, dem Tod etwas Positives abzugewinnen. Doch Charon hört nicht auf zu rudern, der unbarmherzige Rhythmus bleibt allem Sich-Aufbäumen zum Trotz. Schließlich ist im Musikstück die Insel erreicht und man muss sie betreten. Nun ist es ruhiger, man schaut sich um: es sieht zunächst nicht sehr bedrohlich aus. Von irgendwoher ist das Tropfen von Wasser zu hören, wie ein Herzschlag, der jedoch schließlich verlischt. Das Ende ist da: das bekannte „Dies Irae“-Motiv (auf Deutsch: „Tag des Zorns“), eine Melodie aus der gregorianischen Totenmesse, erklingt zum ersten Mal. Doch ist der Tod wirklich schon unabwendbar? Man erinnert sich – an die Bewegtheit des Lebens und die Fülle von Emotion, schwelgerisch, nicht imstande, es aufzugeben. Doch auch in dieses Traumbild dringen die düsteren Töne des „Dies Irae“ ein und zerstören die Illusion von Leben. Darauf folgt ein weiterer Anlauf: nach wie vor ist man noch nicht bereit für den Tod, man weigert sich, das Ende anzuerkennen. Man kämpft dagegen an, steigert sich immer weiter in den Todeskampf hinein, doch schließlich tritt, in Form eines machtvollen dissonanten Akkords, der Tod selbst auf: Ganz langsam kommt die Erkenntnis, dass es wirklich keinen Ausweg gibt. Was nun folgt, ist die Akzeptanz des Unabwendbaren, aber auch eine musikalische Rekapitulation der Reise zur Insel. Langsam macht man den Tod zu einem Teil von sich, und im verklingenden 5/8-Takt verstirbt zuletzt auch die Musik.

Gisela Grohne

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[expand title=“Alexander Zemlinsky – Die Seejungfrau“]

Der Komponist Alexander von Zemlinsky, am 14. Oktober 1871 in Wien in eine jüdische Familie geboren, war Komponist, Dirigent und Lehrer. Er gehört zu denjenigen Komponisten, die zwar heute keinen „großen Namen“ mehr haben, aber zu den großen Musikern ihrer Zeit zählten. 1893, nach Abschluss seines Studiums am Konservatorium, trat er dem Wiener Tonkünstlerverein bei. Hier lernte er Johannes Brahms kennen, der zwar seine Modernität kritisierte, ihn dennoch für begabt hielt und dem Verleger Simrock empfahl. 1938 floh er aufgrund der politischen Umstände nach New York, wo er am 15. März 1942 nach mehreren Schlaganfällen starb. Wichtig für Zemlinskys Werdegang war unter anderem die lange Freundschaft mit Arnold Schönberg, den er in dem musikalischen Verein Polyhymnia kennenlernte. Schönberg war dort Cellist, der laut Zemlinsky „ebenso feurig wie falsch sein Instrument mißhandelte“. Außer Schönberg war auch Alma Schindler entscheidend für Zemlinskys Entwicklung. Anfang 1900 hatte er die damals 21-Jährige kennen- gelernt, die ihn nach der ersten Begegnung bei einer Aufführung seiner Oper „Es war einmal …“ als „das komischste, was es gibt“ bezeichnete: „Eine Carricatur – kinnlos, klein, mit herausquellenden Augen und einem zu verrückten Dirigieren“. Dennoch fand sie Gefallen an ihm, erhielt Kompositionsunterricht bei ihm, und es entwickelte sich eine Liebesaffäre, die erst endete, als Alma ihren späteren Ehemann Gustav Mahler kennenlernte. Das Zerbrechen ihrer Beziehung war von großer Bedeutung für seine nachfolgenden Kompositionen, im Besonderen für die „Seejungfrau“ (nach dem gleichnamigen Märchen von Hans Christian Andersen), mit deren Komposition er einige Tage vor Almas Hochzeit mit Mahler begann. Die Geschichte der Seejungfrau nach Hans Christian Andersen Die Seejungfrau ist die jüngste und hübscheste der sechs Töchter des Meerkönigs. Wegen Erzählungen ihrer Schwestern wird in ihr die Sehnsucht geweckt, die Wasseroberfläche zu erkunden. Als es ihr mit 15 Jahren endlich erlaubt ist, dies zu tun, beobachtet sie die Matrosen auf einem Schiff – der Prinz, der gerade Geburtstag feiert, gefällt ihr am besten. Wegen eines Sturmes sinkt das Schiff und die Seejungfrau rettet den Prinzen an den Strand, wo er von einem Mädchen gefunden wird. Die Seejungfrau ist nun traurig, da der Prinz nicht weiß, wer ihn gerettet hat, und möchte auch zu einem Menschen werden. Deshalb geht sie zu der Meerhexe, die ihr Beine wachsen lässt, jedoch unter der Voraussetzung, dass sie ihre Stimme verliert und dass, wenn sich der Prinz nicht in sie verliebt, sie zu Schaum auf dem Meere wird. Stumm trifft sie den Prinzen, der sie in sein Schloss führt. Doch der Prinz liebt nur das unbekannte Mädchen, dem er vermeintlich seine Rettung verdankt. Sie heiraten, und da der erste Sonnenstrahl nach der Hochzeitsnacht den Tod der kleinen Seejungfrau bedeuten soll, machen ihr ihre Schwestern den Vorschlag, den Prinzen zu töten, denn in diesem Fall müsste sie nicht sterben und würde wieder zum Meereswesen. Sie entscheidet sich dagegen, verwandelt sich jedoch wider Erwarten zu einem Luftgeist, wodurch sie die Möglichkeit hat, durch gute Taten eine unsterbliche Seele zu erlangen und am ewigen Glück der Menschen teilzuhaben. Das Werk Aus Zemlinskys Aufzeichnungen geht hervor, dass er die Komposition der „Seejungfrau“ mit einer Motivtabelle begann. So ist zum Beispiel das erste Motiv, das am Anfang des ersten Satzes von der Klarinette vorgestellt wird, mit „Heimat“ überschrieben: Auch andere Motive tauchen immer wieder auf, wobei der Verlauf des Stückes nicht immer streng dem Märchen folgt. Die Seejungfrau erzeugte nach ihrer Uraufführung ein geteiltes Echo. Mancher Kritiker lobte das technische Können des Komponisten in Bezug auf die Orchestrierung und die Melodieführung: „Stets singt es aus dieser Musik heraus, der melodische Fluß ist nicht frei von Wirbeln und Stromschnellen, aber nirgends trifft man auf trübes Stauwasser, unpassierbare Tiefen.“ Andere Stimmen beurteilten das Werk jedoch als zu „fortschrittlich“, in einer durch Brahms geprägten Zeit nicht unbedingt ein Gütesiegel. Aufgrund der so unterschiedlich ausgefallenen Kritiken und sicherlich auch wegen Zemlinskys negativen emotionalen Verbindungen mit dem Werk verschwand die Seejungfrau nach der zweiten Aufführung in der Schublade und galt lange Zeit als verschollen. In den frühen 1980er Jahren haben Forscher das Werk erneut zusammensetzen können, sodass es 1984 schließlich zu einer dritten Aufführung kam. Seitdem ist das Werk als eines der reizvollsten Werke Zemlinskys in das Konzertrepertoire eingegangen.

Tobias Ackerschewski, Januar 2013

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Juli 2012

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[expand title=“Carl Nielsen – Helios Ouvertüre op. 17″]

Am 9. Juni 1865 auf der dänischen Insel Fünen als Sohn eines armen Malers geboren, durchlebte Carl Nielsen eine wechselvolle musikalische Karriere, die ihn schlussendlich zum berühmtesten dänischen Kompo-nisten seiner Zeit machen sollte. Vom Vater Niels Jørgensen, der als Laienmusiker mit einem Trio auf Bauernfesten auftrat, erhielt er seit seinem achten Lebensjahr Geigenunterricht. 1879 bekam er eine Stelle im Militärorchester in Odense, allerdings als Blasmusiker. Es folgte ein Violinstudium und eine Anstellung als Geiger in der Hofkapelle Kopen-hagen; nebenbei begann er zu komponieren. Von 1905 bis 1914 war Nielsen Dirigent der Hofkapelle; danach widmete er sich vollständig der Komposition. Am berühmtesten sind seine sechs Symphonien.
1903 reiste Nielsen mit seiner Frau, der dänischen Bildhauerin Anne Marie Brodersen, nach Griechenland, weil diese antike Statuen aus der Akropolis nachbilden wollte. Nielsen nutzte die Zeit und die inspirierenden Sonnen-untergänge am Ägäischen Meer, um die Helios-Ouvertüre zu schreiben, in der er den Lauf der Sonne über das Firmament nachbildet. Das Julius Röntgen gewidmete Stück trägt das Motto „Stilhed og mørke — så stiger sol under frydefuld lovsang — vandrer sin gyldne vej — sænker sig stille i hav.“ („Stille und Dunkelheit — dann steigt die Sonne unter freudigem Lobgesang — wandert ihren goldenen Weg — senkt sich still ins Meer.“).

Allegro ma non troppo, Hauptthema (ab Takt 75)nielsen_helios_clip_image002

Liegetöne der Streicher und Hornmotive eröffnen die Ouvertüre, deren langsame Einleitung(Andante tranquillo) nach einer großen dynamischen Steigerung ins heroische Hauptthema des Mittelteils (Allegro ma non troppo) übergeht. In dessen Durchführung sticht ein temperamentvolles Fugato heraus, ehe – nach einer Reprise des Hauptthemas im Tutti – die Dämmerung einsetzt. Das Stück verklingt ähnlich, wie es begann, mit Liegetönen der tiefen Streicher.

Die Uraufführung am 8. Oktober 1903 mit der Hofkapelle wurde vom Publikum begeistert aufgenommen, stieß bei Kritikern jedoch auf geteilte Meinungen. So schrieb beispielsweise Gustav Hetsch, Helios habe „die unglückliche Schwäche für ein ‚Sonnenstück‘, dass es nicht scheint und nicht wärmt“.
Ungeachtet dessen erfreut sich die Ouvertüre heute großer Beliebtheit und wird vom Dänischen Rundfunk jedes Jahr an Silvester direkt nach dem Jahreswechsel gespielt.

Moritz Disselkamp, Juli 2012

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[expand title=“Jean Sibelius – Violinkonzert in d-Moll op. 47″]

Jean Sibelius (1865–1957) war ein finnischer Komponist der Spätromantik, der für die nationale Identität von Finnland eine große Rolle spielt.
Als Jugendlicher wollte er selbst Sologeiger werden, diesen Wunsch gab er allerdings auf, als ihm klar wurde, dass er zu spät mit dem Geigen-unterricht begonnen hatte. Danach widmete er sich der Komposition. Kennzeichnend für seine Musik ist sein Umgang mit Tonalität sowie die Entwicklung und Variation von Themen durch kurze Motive. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Finlandia, die Karelia-Suite und das Violinkonzert in d-Moll.
Um die Jahrhundertwende wurde Sibelius zunehmend außerhalb Finn-lands bekannt. Für eine Tour durch Nordeuropa wollte er ein Violinkon-zert schreiben, das Willy Burmester in Berlin uraufführen sollte. Eine erste Version wurde dann jedoch schon 1904 von Victor Novacek in Helsinki aufgeführt. Weil diese Version aber sehr schlechte Kritik bekam, unter anderem, weil der Solo-Part sehr schwierig und schlecht gespielt war, schrieb Sibelius eine neue Version des Konzertes. Diese wurde 1905 in Berlin von Karel Halí? gespielt. Dadurch fühlte sich Burmester so beleidigt, dass er das Konzert nie mehr spielen wollte, und Sibelius änderte die Widmung auf den ungarischen Geiger Ferenc von Vecsey. Heute wird nur noch die zweite Version des Konzertes gespielt.
Das Violinkonzert ist das einzige Solokonzert, das Sibelius geschrieben hat. Der erste Satz hält sich noch an die Sonatenhauptsatzform, wobei die Themen in der langen Kadenz vom Solisten durchgeführt werden. Der zweite langsame Satz steht in Liedform, der dritte Satz besticht durch seine markanten Rhythmen, in denen beispielsweise 3/4- und 6/8-Metrum gegeneinander stehen:

3. Satz, erster Tutti-Einsatz (ab Takt 48)

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Dieses Konzert ist noch in dem Sinne klassisch, dass es die Virtuosität des Solisten darstellen soll, und gehört zu den technisch schwierigsten Violin-konzerten.

Gisela Grohne, Juli 2012

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[expand title=“Johannes Brahms – Symphonie Nr. 2 in D-Dur op 73″]

Johannes Brahms, am 17. Mai 1833 in Hamburg geboren, gilt als einer der bedeutendsten Komponisten Europas.
Mit sieben Jahren erhielt er seinen ersten Klavierunterricht bei Otto Friedrich Willibald Cossel, der bald sein kompositorisches Talent erkannte und ihn 1843 an den damals bekannten Komponisten Eduard Marxsen vermittelte. In diesem Jahr trat Brahms bereits zum ersten Mal als Pianist auf und wurde daraufhin als Wunderkind gefeiert. Seine ersten Werke veröffentlichte er häufig unter Pseudonymen und es waren hauptsächlich Klavierwerke, da er noch nicht mit den Möglichkeiten des Orchesters vertraut war.
Mit 20 Jahren verließ Brahms Hamburg, unternahm Konzertreisen und lernte verschiedene berühmte Persönlichkeiten kennen, wie zum Beispiel Franz Liszt in Weimar und Robert und Clara Schumann in Düsseldorf. Im Oktober 1853 veröffentlichte Robert Schumann den Aufsatz „Neue Bahnen“, in dem er Brahms als kommenden Meister der Musik ankündigt. Brahms wurde durch Schumanns Hilfe schnell berühmt, hatte jedoch große Angst, den Ansprüchen der Öffentlichkeit nicht zu genügen. Er pendelte in den folgenden Jahren viel zwischen Detmold, Hamburg und Wien, leitete verschiedene Chöre und gab viele Konzerte. 1858 lernte Brahms in Göttingen Agathe von Siebold kennen. Er verliebte sich in die Sängerin, schrieb Liebeslieder und verbrachte schöne Sommermonate mit ihr. Überglücklich kaufte er bereits zwei Ringe und jedermann erwartete einen Heiratsantrag, doch Brahms schrieb ihr nur: „Ich liebe Dich! Ich muss dich wiedersehen, aber Fesseln tragen kann ich nicht …“
Ihm wurden verschiedene Auszeichnungen und Ehrenmitgliedschaften verliehen, was Brahms allerdings mit den Worten kommentierte: „Wenn mir eine hübsche Melodie einfällt, ist mir das lieber als ein Leopolds-orden.“ Am 3. April 1897 verstarb er im Alter von 64 Jahren in Wien an Krebs.
Johannes Brahms schrieb 4 Symphonien, wobei er vergleichsweise spät seine erste schrieb, nämlich 1876 – erst mit 43 Jahren. Zeitlich gesehen schrieb er viele seiner Werke in Paaren. Dies gilt auch für seine Sympho-nien. Die ersten beiden schrieb er wie bereits erwähnt 1876 und 1877, die dritte und vierte 1883 und 1884/85. Daraus schloss man, dass es sich bei den Symphonien um Gegensatzpaare handele.
Die zweite Symphonie gilt häufig als das optimistisch helle und freund-liche Gegenstück zur ersten, in der ernste und grundsätzliche künstle-rische Probleme gewälzt, insbesondere Antworten auf die Frage gesucht werden, wie Symphonik nach Beethovens Spätwerk noch möglich sei.
Brahms schrieb im Sommer 1877, noch während er am Wörthersee seinen Urlaub verbringend an seiner Symphonie arbeitete, an Eduard Hanslick. Er schrieb, es solle im Winter, wenn er ihm seine neue Sinfonie vorspielen würde, „heiter und lieblich klingen, dass Du glaubst, ich habe sie extra für Dich oder gar Deine Frau geschrieben!“ Im Folgenden schrieb er: „Der Wörthersee ist ein jungfräulicher Boden, da fliegen die Melodien, dass man sich hüten muss, keine zu treten.“
Theodor Billroth, ein Wiener Arzt, dem er für gewöhnlich als einem der Ersten seine Werke zuschickte, schrieb nach dem Studium eines Teiles des Klavierauszuges: „Da ist ja lauter blauer Himmel, Quellenrieseln, Sonnen-schein und kühler grüner Schatten. Am Wörthersee, da muss es doch schön sein.“
Von Anfang an gibt es in Hinblick auf die Symphonie allerdings auch eine Gegenströmung. Brahms selbst schrieb dem Bonner Musikverleger Fritz Simrock: „Die neue Symphonie ist so melancholisch, dass Sie es nicht aushalten. Ich habe noch nie etwas so Trauriges, Molliges geschrieben: die Partitur muss mit Trauerrand erscheinen. Ich habe genug gewarnt …“
In diesen Äußerungen des Komponisten ist sicherlich viel Mystifikation – er wollte schließlich die Aufmerksamkeit auf sein neues Werk ziehen. Jedoch ist die Betonung des melancholischen Aspektes nicht unberech-tigt: der erste Satz ist nicht durchgehend heiter und lieblich, sondern voller harmonischer und metrischer Verwicklungen und Kontraste. Zusätz-lich besitzt diese Symphonie als einzige der vier Symphonien einen Adagiosatz, der sehr schwermütig ist.
Den schweren und dunklen Charakter erzeugt unter anderem auch die Instrumentierung des tiefen Bläserregisters: der Komponist besetzt, was sich nur in dieser Symphonie findet, drei Posaunen und eine Tuba, was zu einer Abdunklung der Stimmung führt.
Brahms 2. Symphonie wird in Anlehnung an die gleichnamige Beethoven-Symphonie oftmals seine Pastorale genannt. Musikwissenschaftler haben jedoch festgestellt, dass sie Beethovens tragischer Eroica viel näher steht. Brahms selbst bezeichnete kurz nach der Fertigstellung in einem Brief an Simrock die Symphonie ganz treffend als „liebliches Ungeheuer“.

Tobias Ackerschewski, Juli 2012

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[expand title=“Solistin: Katharina Weiß“]

weissKatharina Weiß, geboren am 04. Dezember 1985 in Hamburg, begann als Sechsjährige mit dem Violinspiel und wurde im Alter von 12 Jahren als Jungstudentin an der Musik-hochschule Lübeck in die Klasse von Prof. Nora Chastain aufgenommen. 2004 legte sie vorzeitig ihr Abitur ab, um an der Universität der Künste Berlin ihr Vollstudium aufzuneh-men. Von 2005 bis 2012 studierte sie in der Klasse von Prof. Antje Weithaas an der Hoch-schule für Musik „Hanns Eisler“ Berlin. Seit 2012 studiert sie im Masterstudiengang bei Prof. Thomas Brandis an der Musikhochschule Lübeck.
Außerdem studierte sie von 2009–2011 mit ihrem Streichquartett „Bianco Quartett“ in der Klasse von Eckart Runge vom Artemis Quartett an der Universität der Künste Berlin.
Katharina Weiß ist Preisträgerin nationaler und internationaler Wettbe-werbe. Unter anderem gewann sie 2001 als jüngste Teilnehmerin den 1. Preis bei der Takasaki International Music Competition (Japan) und ist mehrfache 1. Bundespreisträgerin bei Jugend musiziert in der Wertung Violine solo, mit ihrem Streichquartett und als Pianistin.
2009–2011 war sie Stipendiatin der Orchesterakademie der Berliner Phil-harmoniker. Sie war außerdem Stipendiatin der Villa Musica, der Oscar und Vera Ritter Stiftung und der Deutschen Stiftung Musikleben und besuchte als Stipendiatin die Meadowmount School of Music, USA und das Interlochen Arts Camp, USA.
Internationale Konzerttätigkeit als Solistin und Kammermusikerin führten Katharina Weiß unter anderem in die Schweiz, nach Österreich, Spanien, Russland, Japan und in die USA, beispielsweise als Solistin mit den Ham-burger Symphonikern, dem World Youth Symphony Orchestra und dem Euroklassik Festival Orchestra. Mit demBianco Quartett ist sie Gast bei renommierten Festivals wie dem Schleswig-Holstein Festival, dem Classic Festival Con Brio Osnabrück und demOberstdorfer Musiksommer und konzertiert mit Künstlern wie Albrecht Mayer und Gustav Rivinius.
Im Januar 2011 spielte sie als Konzertmeisterin des Orchesters der Akademie der Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle Gustav Mahlers„Lied von der Erde“ in der Berliner Philharmonie. Im Juni 2011 spielte Katharina Weiß die 1. Violine im Klavierquintett A-Dur von Antonín Dvo?ák mit dem Pianisten Leif Ove Andsnes in der Berliner Philharmonie.
Ihre Konzerte wurden weltweit im Radio und Fernsehen übertragen; außerdem trat sie in Radiosendungen des NDR, SWR und BR auf.

Katharina Weiß spielt auf einer Violine von Stefan Peter Greiner, Bonn 2005, aus dem Instrumentenfonds der Deutschen Stiftung Musikleben.[/expand]

Februar 2012

[expand title=“Peter Tschaikowsky – Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23″]

Peter Tschaikowsky, 1840 in Wotkinsk in eine eher musikferne Familie geboren, gilt heute als einer der bedeutendsten russischen Komponisten des 19. Jahrhunderts. Obwohl er seit seiner Kindheit durchgängig Klavier- unterricht genommen hatte, begann er sein Musikstudium erst nach Abbruch einer Beamtenlaufbahn. Tschaikowsky studierte zunächst am Petersburger Konservatorium, später am Konservatorium in Moskau, an dem er von 1866 bis 1878 auch als Lehrer für Musiktheorie tätig war. In diesen Moskauer Jahren entstanden seine ersten bekannteren Komposi- tionen, wie beispielsweise die Ouvertüre Romeo und Julia, welche die AOV im vergangenen Semester aufgeführt hat.
Durch die finanzielle Unterstützung der Kunstmäzenin Nadeschda von Meck, mit der ihn eine enge Brieffreundschaft verband, konnte Tschai- kowsky in seinen späteren Lebensjahren als freischaffender Komponist und Dirigent in Russland und im europäischen Ausland arbeiten, bevor er im Jahr 1893 überraschend in Sankt Petersburg verstarb.
Mit seinen Werken, in denen ein ursprünglicher, russischer Charakter mit westlichen Einflüssen zu einer europäischen Musiksprache des 19. Jahr- hunderts verschmilzt, errang Tschaikowsky Weltruhm, insbesondere auch mit seinem Klavierkonzert Nr. 1 op. 23 in b-Moll.
Dieses entstand 1874/75 in den Moskauer Jahren Tschaikowskys. Die Begleitumstände der ersten Schritte des später hoch geschätzten Werkes mögen auch heute noch erheitern: Tschaikowsky widmete das Konzert ursprünglich seinem Freund Nikolaj Rubinstein, der sich jedoch weigerte, das Werk zur Uraufführung zu bringen, da er es als wertlos, völlig unspiel- bar und als armselig komponiert erachtete. Also widmete Tschaikowsky sein Stück nun dem angesehenen Pianisten Hans von Bülow, der am 25. Oktober 1875 die Uraufführung spielte. Seinen wahren Erfolg und internationalen Durchbruch erlebte Tschaikowskys Klavierkonzert jedoch erst drei Jahre später in Paris – in der Interpretation eben jenes Rubinsteins, der seine Meinung zwischenzeitlich geändert hatte. Nach einem legendären Siegeszug gehört das Werk heute zu einem der am häufigsten aufgeführten und auf Tonträgern eingespielten Klavierkonzerte überhaupt.

Der Introduktion, einem Kopfsatz mit einer mitreißenden und eingängigen Melodie, verdankt das Konzert einen Großteil seiner Popularität. Hierbei handelt es sich um eine ursprünglich ukrainische Volksmelodie, die im Folgenden instrumental aufbereitet wird. In diesem Satz, der in b-Moll geschrieben wurde, finden sich neben einer effektvollen klangreichen Fassade auch viele Momente zarter Emotionen, was dem Werk seinen unverwechselbaren Charme verleiht.
Der zweite Satz in Des-Dur hat eher den Charakter eines Intermezzos. Im Mittelteil findet sich das phantasievoll gearbeitete Zitat des in jener Zeit populären französischen Chansons „Il faut s’amuser, danser et rire“ („Man muss sich vergnügen, tanzen und lachen“).
Der dritte Satz ist als formal übersichtliches Rondo gestaltet, innerhalb dessen Tschaikowsky wieder mit einigen temperamentvollen Tanzmelo- dien auf Elemente der ukrainischen Folklore zurückgreift. So schlägt er elegant einen Bogen zum ersten Satz des Klavierkonzertes.
Heutzutage wird der dritte Satz aufgrund seiner übermäßigen Länge meistens nicht in seiner Vollständigkeit gespielt, sondern in einer verkürz- ten Version, die auf den Pianisten Alexander Siloti zurückgeht.

Kirsti Mehling, Februar 2012

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[expand title=“Gustav Mahler – Symphonie Nr. 5″]

Gustav Mahler (1860-1911) war einer der berühmtesten Dirigenten seiner Zeit. Er komponierte eigentlich nur in seiner Freizeit; die meisten seiner Werke sind Orchesterwerke und Lieder.
Die 5. Sinfonie leitet Mahlers mittlere Schaffensphase ein. Mit der Kompo- sition begann er im Sommer 1901 in seiner Villa am Wörthersee, und zu- nächst wollte er den klassischen viersätzigen Stil einhalten. Im Winter desselben Jahres lernte er allerdings Alma Schindler kennen, die er kurz darauf auch heiratete. Wahrscheinlich aus diesem Grunde fügte er zwischen dem dritten und (ursprünglich) vierten Satz als „Liebeserklä- rung“ das Adagietto ein, sodass die Sinfonie heute fünf Sätze hat. Obwohl häufig die Tonart cis-Moll angegeben ist (die Tonart des ersten Satzes), hat doch jeder Satz eine eigene Tonart, weshalb Mahler gerne ganz auf die Tonartbezeichnung verzichten wollte. Im Sommer 1902 beendete der Komponist seine Arbeit an der Sinfonie, und sie wurde am 18. Oktober 1904 in Köln unter seiner Leitung aufgeführt. Noch bis zu seinem Tod hat er Änderungen an der Partitur vorgenommen.
Da Gustav Mahler eigentlich Dirigent war, hat er in seinen Werken sehr detaillierte Ausführungsanweisungen gegeben: So finden sich in der Parti- tur Kommentare wie: „Anmerkung für den Dirigenten: Geigen stets so vehement als möglich!“
Mahler hat die Sinfonie in drei „Abteilungen“ gegliedert: der sehr lange dritte Satz steht für sich allein, während der erste und zweite sowie der vierte und fünfte Satz jeweils zusammengefasst sind. Zwischen den Abteilungen hat der Komponist jeweils eine mehrminütige Pause vorgesehen.

Der erste Satz der Sinfonie trägt die Bezeichnung Trauermarsch (In gemessenem Schritt. Streng. Wie ein Kondukt). Er beginnt mit einer Trompetenfanfare, die zunächst das berühmte Motiv aus Beethovens 5. Sinfonie imitiert. Dem leidenschaftlicheren Mittelteil folgt eine Coda in Anlehnung an den Anfang, die wiederum das Beethoven-Motiv aufgreift. Der zweite Satz, eigentlich Hauptsatz der Sinfonie, verwendet themati- sches Material des ersten Satzes und schließt damit die erste Abteilung der Sinfonie.
Es folgt ein recht flottes Scherzo mit Solo-Horn. Dieser Satz bildet für sich allein die zweite Abteilung. Mahler gibt hier an mehreren Stellen den Klarinetten die Anweisung, die „Schalltrichter in die Höhe“ zu halten – ein weiteres Beispiel für die ausführlichen Anweisungen des Komponisten.

Die letzte Abteilung beginnt dann mit dem berühmten Adagietto, welches auch in dem Film „Tod in Venedig“ (1971) von Luchino Visconti verwendet wurde. Es folgt ohne Pause das Rondo–Finale, in dem Mahler den ba- rocken Kontrapunkt benutzt, eine Kompositionsform, bei der mehrere Themen gleichzeitig erklingen.

Gisela Grohne, Februar 2012

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[expand title=“Solistin: Hisako Kawamura“]

kawamuraHisako Kawamura wurde in Nishinomiya (Japan) geboren und bekam ihren ersten Klavierunterricht im Alter von fünf Jahren bei Kyoko Sawano.

Zu ihren Mentoren gehö- ren Malgorzata Bator-Schreiber in Göttin- gen, die sie musikalisch und künstlerisch aufbaute, und Prof. Vladimir Krainev,

der sie zu einer musikalischen Persönlichkeit formte.
Nach zahlreichen herausragenden Erfolgen bei internationalen Klavierwettbewerben begann Kawamuras internationale Konzerttätigkeit. Sie gewann u. a. den Concours Clara Haskil in Vevey, den Concorso G. B. Viotti in Vercelli, den Concorso A. Casagrande in Terni, den Chopin-Wettbewerb Darmstadt und wurde Preisträgerin des Concours Géza Anda in Zürich, des Internationalen Musiwettbewerbs der ARD in München und des Concours Reine Elisabeth in Brüssel.
Sie konzertierte mit internationalen Orchestern (u.a. dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Wiener Symphoniker, Berner Symphonieorchester, St. Petersburg Philharmonic Orchestra, Tokyo Philharmonic Orchestra, Japan Philharmonic Orchestra) und arbeitete mit Dirigenten wie Alexander Dmitriev, Vladimir Fedosseyev, Theodor Guschlbauer, Junichi Hirokami, Taijiro Iimori, Eliahu Inbal, Marek Janowski, Kenichiro Kobayashi, Kazuhiro Koizumi, Fabio Luisi, Erwin Lukac und Tatsuya Shimono zusammen.
Im Oktober 2011 trat sie als Solistin mit dem Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin unter Marek Janowski auf dessen Japan-Tournee auf.

Außerdem ist für Juni 2012 eine Tournee mit dem Russian National Orchestra unter der Leitung von Mikhail Pletnev geplant.
Im 2009 erschien ihre Debüt-CD mit dem Titel Hisako Kawamura plays Chopin bei RCA Red Seal.

Im Herbst 2011 folgte die zweite Aufnahme bei dem gleichen Label, mit Werken von Schumann und Chopin, welche begeisterte Stimmen von der Presse bekam.

1986 – 1998 Klavierunterricht bei K. Sawano-Krall in Düsseldorf und M. Bator-Schreiber in Göttingen
seit 1998 Studentin an der Hochschule für Musik und Theater Hannover in der Klasse von Prof. V. Krainev
1994, 1996 1. Bundespreise bei „Jugend musiziert“
1995 – 1996 Preisträgerin von mehreren internationalen Wettbewerben wie z. B. in Senigallia/Italien, Ettlingen/Deutschland
1998 1. Preis und Spezialpreis für die beste Interpretation des spanischen Werkes in Carlet (Valencia)/Spanien
1999 1. Preis und Publikumspreis beim Europäischen Chopin-Wettbewerb in Darmstadt/Deutschland
2001 1. Preis beim Internationalen Musikwettbewerb „G. B. Viotti“ in Vercelli/Italien
2002 5. Preis und Sonderpreis für die beste Interpretation des chinesischen Werkes beim 1. China Shangai International Youth Piano Competion
1994 2. Preis und alle 4 Sonderpreise (Sonderpreis für die beste Interpretation des französischen Pflichtwerkes (G. Connesson), Publikumspreis, Preis der Musikzeitschrift „Classica“ und Preis des Fernsehsenders TV 2) bei Piano Campus in Cergy-Pontoise/Frankreich
1996 IBACH-FörderpreisWettbewerbsstipendium der Chopin-Gesellschaft Hannover
1999 Förderpreis beim Internationalen Musikfestival in Dietzenbach/Deutschland
seit 1995 Klavierabende, Konzerte mit Orchestern und kammermusikalische Tätigkeit in verschiedenen Städten Deutschlands, Österreichs, Frankreichs, Hollands, Italiens, Polens, Tschechiens, Zyperns und Japans
1996 Rundfunkaufnahme beim Norddeutschen Rundfunk

 

(Juni 2002)

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